20.01.2015 18:53:48

Regierungschef hält an Reise nach Saudi-Arabien fest

HANNOVER (dpa-AFX) - Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bleibt trotz massiver Fälle von Menschenrechtsverletzung in Saudi-Arabien dabei - er reist in das Land. Der SPD-Politiker fliegt am Samstag mit rund 45 Vertretern von Unternehmen und Hochschulen für knapp eine Woche nach Katar und Saudi-Arabien. Der FC Bayern München dagegen ist für seinen Testspielausflug nach Saudi-Arabien von deutschen Spitzenpolitikern kritisiert worden.

Bei Gesprächen mit Regierungsvertretern will Weil dort auch den Fall des Bloggers Raif Badawi ansprechen, der zu 1000 öffentlichen Prügelschlägen verurteilt wurde, weil er auf seiner Internet-Seite den Islam beleidigt haben soll. "Eine solche körperliche Züchtigung ist mit unserem Rechtsverständnis schlichtweg nicht vereinbar. Insofern werde ich das Schicksal von Herrn Badawi auf jeden Fall zur Sprache bringen", sagte Weil der Deutschen Presse-Agentur. Zwar sei klar, dass die Meinung eines niedersächsischen Ministerpräsidenten in Saudi-Arabien nur begrenzte Wirkung habe. "Wie die Reaktion der Öffentlichkeit im Westen insgesamt ist, das wird aber sehr wohl wahrgenommen", sagte Weil.

Ziel der Reise des Ministerpräsidenten ist vor allem, im Boom-Markt der schwerreichen Staaten im Nahen Osten der niedersächsischen Wirtschaft Tür und Tor zu öffnen. "Saudi-Arabien ist eine junge, stark wachsende Gesellschaft", sagte der SPD-Politiker. Es seien große Infrastrukturprojekte in Planung, außerdem wolle die Wirtschaft dort nach und nach auf erneuerbare Energien umzustellen. "Wahrgenommen haben wir auch den ausgeprägten Wunsch zur Zusammenarbeit zum Beispiel im medizinischen Sektor", sagte Weil.

Mit dem deutlich kleineren Katar verbindet Niedersachsen die gemeinsame Anteilseignerschaft an VW - dem Land gehören 20 Prozent, Katar stieg 2009 ein und hält 17 Prozent am wichtigsten Unternehmen des Landes. "In Katar sind viele Menschen sehr wohlhabend, es werden große Vorhaben geplant", sagte Weil. Auch dort geht es darum, niedersächsischen Unternehmen etwa im Vorfeld der Fußball-WM 2022 in Katar ein rechtzeitiges Sondieren des Marktes zu ermöglichen.

Der Delegation des Ministerpräsidenten gehören vor allem Vertreter von mittelständischen Firmen aus dem Logistik- und Bausegment an, dabei sind aber auch die Präsidentin der Uni Oldenburg, Katharina Al-Shamery, und ihr Kollege von der Hochschule Osnabrück, Andreas Bertram. Sie hoffen auf einen Ausbau der wissenschaftlichen Kontakte.

Doch sind Geschäfte mit Ländern ethisch vertretbar, in denen die Menschenrechte nicht mit westlichen Maßstäben gemessen und potenziell der Terror des Islamischen Staates unterstützt werden? Bei seinem Besuch in Deutschland ging der Emir von Katar im Herbst in die Offensive und wies Vorwürfe zurück, der reiche Golfstaat versorge die Terrormiliz IS mit Geld.

"Ich habe keine Veranlassung, an diesen Verlautbarungen zu zweifeln", sagte Weil dazu. Bei seinen Gesprächen will der Regierungschef auch dieses Thema nicht aussparen und klar machen, dass Deutschland erwartet, dass die Terrormiliz IS mit allen Möglichkeiten bekämpft wird. "Die Ereignisse der letzten zwei Wochen haben noch mal in brutaler Art und Weise vor Augen geführt, wie wichtig eine gemeinsame Terrorismusbekämpfung ist."

Die Fraktionschefin der Grünen im niedersächsischen Landtag, Anja Piel, begleitet Weil nach Saudi-Arabien. Sie sieht keinen Grund, die Reise wegen der jüngsten Vorfälle abzusagen. "Es wird auch Raum für kritische Gespräche geben. Wir werden uns über eine Kampagne gegen häusliche Gewalt in Saudi-Arabien informieren, das hatte ich vorgeschlagen", sagte Piel. Und zu einem Wirtschaftstreffen auf Einladung der Niedersachsen in Dschidda werden bewusst auch Frauen eingeladen. Die müssen sich im Alltag sonst rigiden Umgangsregeln unterwerfen: In Saudi-Arabien dürfen Frauen nicht Auto fahren./sto/DP/she

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