19.12.2012 11:57:31
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Regierung mit Energiewende-"Eröffnungsbilanz" zufrieden
Von Beate Preuschoff
BERLIN--Die steigende Kostenbelastung und die angespannte Netzsituation in Süddeutschland identifiziert die Bundesregierung in ihrem ersten Monitoringbericht als die größten Herausforderungen der Energiewende. Ansonsten aber - und das überrascht wenig - kann sich die "Eröffnungsbilanz", als welche die Bundesregierung den Bericht versteht, sehen lassen. "Der vorliegende Bericht zeigt, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung der Energiewende bereits ein gutes Stück vorangekommen ist", folgern Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) als die vorrangig zuständigen Ressortleiter bei der Vorlage des Berichtes in Berlin.
Kritischer beurteilt das eine vierköpfige Expertenkommission, der die Regierung vor einem Jahr die Aufgabe übertrug, den Fortgang der Energiewende zu beurteilen. Deren Zwischenbilanz, die gleichzeitig veröffentlicht wurde, ist eine klare Ermahnung an Angela Merkel und ihre Mannschaft. Die habe die Energiewende zu langsam angegangen und müsse sich mehr anstrengen und schneller werden, solle das Generationenprojekt ein Erfolg werden.
Gerade bei der effizienten Energienutzung und beim Energiesparen wurde nach dem Expertenurteil der Start in den Umbau verschlafen. "Ohne weitergehende zusätzliche Maßnahmen werden die Effizienzziele der Energiewende nicht erreicht", warnen die Fachleute in ihrer Stellungnahme. Angemahnt wird auch eine bessere Koordination mit den Bundesländern und dem europäischen Umfeld.
Die Bundesregierung ihrerseits versichert zwar, die Ratschläge der Experten ernstzunehmen. In ihrem Bericht verweist sie allerdings erwartungsgemäß vor allem auf das aus ihrer Sicht bereits Erreichte. Insgesamt seien seit der Verabschiedung des Energiekonzepts vom September 2010 rund 160 Maßnahmen angestoßen worden.
Auch im nächsten Jahr will die Bundesregierung nach eigenem Bekunden die Energiewende mit Nachdruck vorantreiben und nennt mehrere Aufgaben: Zuvorderst steht das Ziel einer "grundlegenden Reform" des Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG). Außerdem sollen Bund und Länder gemeinsam eine "nationale Ausbaustrategie für erneuerbare Energien erarbeiten". Die Regierung will für gesetzliche Regelungen sorgen, mit denen die Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Netzausbau beim Bund gebündelt werden. Zugleich soll eine "marktwirtschaftliche Lösung für die ausreichende Sicherstellung von Reservekapazitäten" gefunden werden.
Und bei all dem will die Bundesregierung "mit Nachdruck darauf achten, dass die Kosten der Energieversorgung im Rahmen bleiben". Einen Teil der Verantwortung weist sie zwar gleich von sich und benennt als wesentliche Ursache für die Preissteigerungen die Weltmarktpreise für Erdöl, Erdgas und Steinkohle, die 2011 auf Höchststände gestiegen seien. Allerdings kommen Altmaier und Rösler nicht umhin einzuräumen, dass beim Strom "auch die steigende EEG-Umlage zur Preiserhöhung beiträgt".
Kosteneffizienz und Markt- und Systemintegration seien "wesentliche Herausforderungen, die durch Anpassungen des EEG teilweise bereits angegangen wurden". Erneut wird betont, dass darüber hinaus eine grundlegende EEG-Reform erforderlich sei.
"Dringend geboten" ist laut Regierung der Ausbau der Höchstspannungsnetze, um den Umstieg auf die erneuerbaren Energien zu ermöglichen und gleichzeitig die hohe Versorgungssicherheit zu garantieren. "Die Versorgungssicherheit in Deutschland war 2011 weiterhin hoch, die Netzsituation in Süddeutschland ist jedoch angespannt", heißt es im Bericht. Deswegen seien neue gesetzliche Bestimmungen für die Sicherung von Kraftwerksreserven geschaffen worden. Es müsse nun aber darum gehen, Lösungen für eine langfristige Sicherstellung von Reservekapazitäten zu finden.
Im Monitoring-Bericht umschreibt die Regierung die noch offenen Fragen als "Herausforderungen". Bei einigen ist nicht auszuschließen, dass sie sich zu handfesten Problemen auswachsen könnten, über die es Krach geben dürfte und bei denen es auch zwischen Bund und Ländern noch mächtig knirschen könnte.
Das zeigt sich am Beispiel der Energieeffizienz. Lapidar heißt es im Bericht, dass eine Verstärkung des laufenden Trends erforderlich sei, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, die Effizienz um 2,1 Prozent pro Jahr bis 2020 zu steigern. Die Experten fordern in ihrer Stellungnahme mehr Tempo und mehr Maßnahmen, um die Potenziale bei der energetischen Gebäudesanierung und beim Verkehr zu nutzen. Wirtschaftsminister Rösler, dem das Thema Energieeffizienz obliegt, fühlt sich gleichwohl nicht angesprochen. Zuständig sei für diese Felder nicht das Wirtschafts-, sondern das Verkehrsministerium.
Es ist nicht die einzige Schnittstelle, an der die Ressorts aneinandergeraten. Die Experten fordern die Bundesregierung auf, sich für die "Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit des Emissionshandels" einzusetzen, um Klimaschutz und Finanzierung der Energiewende nicht zu gefährden. Das EU-Emissionshandelssystem sei durch einen starken Preisverfall für Emissionsrechte gekennzeichnet. Dadurch würden kaum noch Anreize gesetzt, weniger Schadstoffe in die Luft zu blasen.
Die Forscher halten eine Reform des EU-Emissionshandelssystem für notwendig. Damit schlagen sich die Experten auf die Seite von Umweltminister Altmaier. Der unterstützt den Vorstoß der EU-Kommission, 900 Millionen Verschmutzungsrechte vorerst vom Markt zu nehmen, damit sich die Preise erholen könnten. Rösler blockiert das. Diese Blockaden und Dispute gilt es jedoch aufzulösen, soll die Energiewende gelingen.
Kontakt zum Autor: beate.preuschoff@dowjones.com
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December 19, 2012 05:27 ET (10:27 GMT)
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