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06.12.2023 17:58:00
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Pierer Mobility-Aktie fällt zweistellig: Pierer Mobility will nächstes Jahr Hunderte Jobs in Österreich streichen
Teile der Produktion für einzelne Modelle der Mittelklasse und bestimmte F&E-Aktivitäten werden vom oberösterreichischen Unternehmen zum strategischen Partner Bajaj Auto in Indien sowie zu CFMOTO in China verlagert. "Dadurch sollen unter anderem Kostenvorteile in diesen Regionen genutzt sowie Entwicklungs- und Industrialisierungsprozesse beschleunigt werden", schreibt die Firma, die zuletzt im Halbjahr von einem neuen Rekordumsatz berichtet hatte. Wo genau es in Österreich zu wie vielen Arbeitsplatz-Kürzungen kommen soll, blieb am Dienstagabend offen.
Politisch stand Unternehmenschef Pierer Mobility des Öfteren als ÖVP-Großspender im Fokus von politischen Mitbewerbern der Kanzlerpartei. Auch Coronahilfen an sein Unternehmen wurden von manchen Parteien besonders kritisch hinterfragt. Pierer ist auch Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Oberösterreich.
Pierer Mobility verkaufte im Halbjahr 190.293 Motorräder (+16,5 Prozent). Der Absatz bei E-Bicycles und Fahrrädern erhöhte sich um 39 Prozent auf 71.491. Vor allem im Europa seien die Geschäfte in beiden Divisionen gut gelaufen, hatte es Ende August noch geheißen. Auch Personal wurde damals im Vorjahresvergleich noch aufgebaut. Mit Blick auf das Gesamtjahr gab sich das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt noch optimistisch. Im zweiten Halbjahr 2023 baue man auf weiteres Wachstum in den Kernbereichen, sowohl bei den Motorrädern als auch bei den Fahrrädern.
Im Motorradbereich seien die Kosten für die Lagerbestände der Händler trotz guter Nachfrage durch deutlich erhöhte Zinsen stark angestiegen, hieß es am Dienstagabend weiters. Die Pierer Mobility stärke ihre Händlerstruktur durch verlängerte Zahlungsziele und höhere Rabatte. Unterstützt würden auch die Lieferanten, "um die durch das gestiegene Zinsniveau deutlich erhöhten finanziellen Belastungen zu dämpfen und deren Liquiditätssituation zu verbessern".
In der Aussendung vom Dienstagabend war vor allem auch vom Vorstandsbeschluss zu einer Strategieschärfung die Rede. Dabei geht es um eine Fokussierung auf die Kernmarken KTM, GASGAS, Husqvarna sowie MVAgusta. Aufgrund dieser Entscheidung wurde der Verkauf der Marken R Raymon und FELT sowie die Abgabe des Non-E-Fahrradbereiches vom Vorstand eingeleitet bzw. im Fall von R Raymon bereits abgeschlossen. Bei FELT soll es 2024 so weit sein, teilte die Firma weiters mit. Wegen der Neuausrichtung des Fahrradbereiches komme es in der 2023-Bilanz zu einer deutlichen Belastung des Gesamtergebnisses.
"Die 2017 gegründete Fahrradmarke R Raymon soll künftig in neuer, unabhängiger Konstellation von Susanne und Felix Puello weitergeführt werden", schrieb Pierer Mobility in der Aussendung. "Weiters wurde der Verkaufsprozess der Fahrradmarke FELT an ein Konsortium rund um Florian Burguet ebenfalls eingeleitet, welcher in der ersten Jahreshälfte 2024 abgeschlossen werden soll." In diesem Zusammenhang werde "Florian Burguet als Vorstand der Pierer Mobility AG mit Ende Dezember ausscheiden".
Die elektrobetriebenen Fahrräder der Marken Husqvarna und GASGAS würden im Konzern hingegen forciert und ausgebaut. Die Unternehmenssegmente deswegen werden neu geordnet. Das neue Segment "E-Mobility" umfasse künftig neben dem E-Bicycle sämtliche elektrobetriebene Powered-Two-Wheelers wie E-Motorräder, E-Minis sowie Stand-up Scooters.
Der Vorstand rechnet nunmehr für 2023 mit einem Umsatzwachstum von 7 bis 9 Prozent bei einer EBIT-Marge zwischen 5 bis 7 Prozent. Im Halbjahr, wo man sich noch optimistischer gab, war mit einem Umsatzwachstum von 6 bis 10 Prozent und einer EBIT-Marge von 8 bis 10 Prozent gerechnet worden.
Jobabbau bei Pierer Mobility trifft KTM-Standort Mattighofen
Der Pierer Mobility angekündigte Stellenabbau von bis zu 300 Personen im kommenden Jahr wird praktisch zur Gänze den KTM-Standort in Mattighofen-Munderfing treffen. Grund sind Verlagerungen nach Indien und China, wo die oberösterreichische Firma Partnerschaften unterhält. Der Abbau soll vor allem über natürliche Fluktuation und eine Absenkung der Zahl der geleasten Mitarbeiter erfolgen, erläuterte Pierer-Mobility-Finanzvorstand Viktor Sigl am Mittwoch im Gespräch mit der APA.
Die Zahl der Leiharbeiter solle von 350 auf 250 sinken. Weitere 150 bis 200 Stellen sollen über die natürliche Fluktuation wegfallen. Von "aktiven Maßnahmen", also einer Kündigung werde, wenn überhaupt "nur eine ganz geringe Anzahl" an Mitarbeitern betroffen sein, sagte der Manager.
Sigl hob hervor, dass die Mitarbeiterzahl am Standort Mattighofen seit 2011 mehr als verdreifacht wurde - von rund 1.700 auf zuletzt 5.200 Mitarbeiter. "Wir haben auch im vergangenen Jahr 800 Mitarbeiter aufgebaut", so Sigl.
Auf die Frage, ob die Absenkung der Mitarbeiterzahl um 300 kommendes Jahr alles sei, oder womöglich doch ein größerer Stellenabbau drohe, sagte der Finanzvorstand: "Aus heutiger Sicht sollte das fürs kommende Jahr alles sein."
"Verlagert wird die preissensible Mittelklasse an Motorrädern mit einem Hubraum von 700 bis 900 Kubikzentimeter um unsere Wettbewerbsfähigkeit langfristig abzusichern", sagte Sigl. Dafür gebe es zwei Hauptgründe: "Die Zuliefersituation ist deutlich billiger als bei uns und das bei einem deutlich niedrigeren Lohn- und Gehaltsniveau als in Europa." Der Anteil der Zulieferkosten wiederum sei wesentlicher Anteil der Kostenstruktur der Pierer Mobility und damit KTM. Das treffe die Vorlieferanten, denn irgendwo müsse produziert werden: "Und was China betrifft hat es dort gerade für die Mittelklasse bessere Rahmenbedingungen als in Europa."
In Europa seien aber immerhin die Zulieferrahmenbedingungen im "sportiven und performanten Offroad-Bereich" besser, so Sigl. "Letztendlich muss man sich ständig die Frage stellen, wo kann man so produzieren, dass man wettbewerbsfähige Preise im Markt unterbringt. Am Ende des Tages ist es der Kunde, der entscheidet. Er erwartet sich einen passenden Preis." Auf Nachfrage schätzte Sigl, dass ein gänzlich in Europa gebautes Mittelklassemotorrad um ein Drittel teurer wäre als wenn man auch in China produziere.
Auf die gesamtwirtschaftlichen Erfahrungen mit den Lieferkettenverwerfungen in und nach der Coronapandemie im Zusammenhang mit der neusten strategischen Entscheidung der Verlagerung von Pierer Mobility angesprochen, sagte Sigl: "Hätten wir in Europa die Preise zu zahlen, die es braucht, um in Europa zu produzieren, dann würden wir diesen Schritt nicht setzen."
Pierer-Betriebsrat Fritz Lackerbauer reagierte "eher gelassen" auf den Personalabbau, schreibt der "Kurier". Der Konzern beschäftige insgesamt 6.000 Mitarbeiter, "es geht uns überhaupt nicht schlecht". Die jetzigen Maßnahmen hätten sich schon länger angekündigt und nichts mit dem aktuellen KV-Abschluss in der Metaller-Branche zu tun. Vielmehr sei zuletzt vor allem der E-Bike-Absatz stark zurückgegangen, weshalb es Umstrukturierungen gebe. Auch habe das Unternehmen in den vergangenen Jahren massiv Personal aufgestockt.
Nachdem Pierer Mobility seine Jahresprognose nach unten korrigiert und die Trennung von einigen Marken angekündigt hat, verlor die Pierer Mobility-Aktie an der SIX letztlich 13,38 Prozent auf 50,50 Franken.
(APA)
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