16.01.2015 20:38:58

Pforzheimer Zeitung: Die Schmerzen der SPD / Parteichef Sigmar Gabriel steht im Schatten der Kanzlerin / Ein Kommentar von Thomas Satinsky

Pforzheim (ots) - Wenn es um ihr Führungspersonal geht, ist die SPD ein äußerst kritischer und anspruchsvoller Arbeitgeber. Seit 1990 hat die Partei neun Vorsitzende verschlissen. Nun also führt Sigmar Gabriel die SPD seit mehr als fünf Jahren. Keiner war so lange im Amt, außer Willy Brandt. Er brachte es allerdings auf gediegene 23 Jahre. Brandt hatte Kultstatus. Wer als SPD-Chef nach ihm kam, war dann eher Funktionsfigur im Schachspiel der sozialdemokratischen Machtansprüche. Seit Gerhard Schröders Kanzlerjahren sieht es mau aus mit der Macht. Zwar regiert die SPD als Juniorpartner der Großen Koalition mit, aber Angela Merkel ist Chefin im Ring. Würde das Kanzleramt per Direktwahl besetzt, hätte sie 58 Prozent der Wahlberechtigten hinter sich. Sigmar Gabriel brächte es auf elf Prozent. Solche Ergebnisse können die Volkspartei SPD nicht zufriedenstellen, auch wenn es sich dabei nur um eine Umfrage handelt. Der Anspruch der Sozialdemokraten ist die Rückkehr ins Kanzleramt. Und Gabriel soll das richten. Zusammen mit den Grünen allein wird es der SPD nicht gegen Merkel reichen. Also benötigt man die dritte Kraft: die Linke. Probeweise läuft diese Machtzusammenballung jenseits der politischen Mitte bereits im Thüringer Landtag - allerdings mit einem Regierungschef der Linken. Auch dies kann der SPD nicht recht sein und ihren über Jahre hinweg durch schlechte Wahlergebnisse gedemütigten Mitgliedern schon gar nicht. Was kann Gabriel tun, um der SPD wieder Zuversicht und Mut einzuhauchen? Er hat bereits einen deutlichen Erfolg erzielt, auch wenn dieser auf den ersten Blick nicht spektakulär erscheint: Es ist ihm gelungen, die Partei in depressiven Zeiten zusammenzuhalten. Zu einer Zeit, in der die SPD mit einem Bundestagswahlergebnis von 23 Prozent für ihre internen Hahnenkämpfe und der Rente mit 67 Jahren abgestraft wurde. Tiefer konnte man kaum fallen. Und dennoch zeigt Gabriel keinerlei hektischen Aktionismus. Offensichtlich kann er überzeugen. Und er lässt sich nicht kirre machen durch Geplänkel von links oder rechts in seiner Partei. Illusorisch ist es dennoch zu glauben, die SPD werde in einer Koalition mit den Grünen oder der CDU allein bei den Bundestagswahlen den Regierungschef stellen können. Diese Aussicht ist auch unter einem Parteichef Gabriel nicht gestiegen. Zu allmächtig ist Angela Merkel. Letztlich werden sich die Sozialdemokraten entscheiden müssen: Wollen sie in Koalitionen links der Mitte mitregieren? Möchten sie sich damit zügig vom angeblich neoliberalen Agenda-Kurs verabschieden? Oder wollen sie noch wirtschaftsfreundlicher werden und damit gen rechte Mitte tendieren? Nur die letzte Variante ist mit Sigmar Gabriel machbar. Läuft es anders, muss wieder ein neuer Vorsitzender her.

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