15.06.2016 18:27:46

Parlamentarischer Abschlussbericht zum BER-Chaos findet keine Verantwortlichen

   BERLIN (AFP)--Vier Jahre und zwölf Tage nach dem kurzfristig geplatzten Eröffnungstermin für den neuen Hauptstadtflughafen BER ist der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zu den Vorgängen veröffentlicht worden. Das am Mittwoch auf der Internetseite des Berliner Abgeordnetenhauses veröffentlichte 1.269-Seiten-Werk macht allerdings vor allem die Uneinigkeit zwischen den Vertretern der Regierungsparteien und der Opposition darüber deutlich, wer für die anhaltenden Probleme auf der Baustelle verantwortlich ist.

   Der zweibändige Abschlussbericht besteht aus einem ersten Teil, der mit den Stimmen der Regierungsabgeordneten von SPD und CDU verabschiedet wurde. Der zweite Band umfasst die Sondervoten der Abgeordneten von Grünen und Linkspartei sowie des Ausschussvorsitzenden Martin Delius von der Piratenfraktion. Der im Herbst 2012 erstmals zusammengetretene Ausschuss befragte in 64 Sitzungen mehr als 70 Zeugen und sichtete umfangreiches Material.

   Die Parlamentarier von SPD und CDU schließen in ihrer Zusammenfassung, es wäre "einseitig, die Hauptverantwortung einem einzelnen Beteiligten aufzubürden". Es handle sich um eine "Verflechtung geteilter Verantwortlichkeiten". Daher könne das "öffentliche Interesse an einer klaren Benennung von Verantwortlichen" nicht befriedigt werden.

Mangelnde Überwachung und schlechtes Vertragsmanagements Absichtliche Schlechtleistungen der beteiligten Baufirmen seien ebenso wenig festzustellen wie systematische Korruption. Die Probleme mit einzelnen Unternehmen seien das Ergebnis mangelnder Überwachung und schlechten Vertragsmanagements gewesen. Zudem habe der Projektsteuerer WSP CBP seine Steuerungsmöglichkeiten nicht genutzt und schlechte Nachrichten an die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) vermieden.

   Deren Geschäftsführung wiederum habe kein sonderlich großes Interesse an Berichten über Probleme beim Bau gezeigt. Zugleich soll die FBB-Geschäftsführung den Aufsichtsrat bis zum Mai 2012 "nicht angemessen" über Bauverlauf und Kosten informiert haben. Genau deshalb entlastet der Abschlussbericht den Aufsichtsrat auch weitgehend von seiner Verantwortlichkeit für die Probleme am BER.

   Vier Monate vor der Neuwahl des Abgeordnetenhauses konzentriert sich aber die Debatte auf die politischen Verantwortlichkeiten. Die meiste Zeit saß dem Aufsichtsrat Berlins langjähriger Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vor. Inzwischen hat der seit Dezember 2014 regierende Nachfolger Michael Müller (SPD) den Aufsichtsratsvorsitz inne.

   Die Linke kritisierte in ihrem Sondervotum eine "Dominanz der persönlichen Meinung Wowereits, die nicht mehr kritisch infrage gestellt wurde". Der Aufsichtsrat habe zudem nicht auf eine umfassende Information durch die "unfähige" FBB-Geschäftsführung gedrängt. Ferner wirft die Linke den Koalitionsfraktionen vor, im Abschlussbericht, "die Einflussnahme und die Verantwortung führender Politiker des Landes Berlin herunterzuspielen".

   Zu einem ähnlichen Schluss kommt der Ausschussvorsitzende Delius. In seinem Sondervotum widerspricht er dem Mehrheitsbericht insbesondere darin, dass der Aufsichtsrat im Mai 2012 von den Zuständen auf der Baustelle überrascht worden sei. Spätestens Anfang 2012 seien die Warnhinweise "deutlich" gewesen. Zudem fordert Delius, dass sich der Berliner Rechnungshof mit der Kostenexplosion auf derzeit mindestens 6,3 Milliarden Euro befasst.

   Die Grünen hatten ihr ähnlich kritisches Sondervotum bereits Ende Mai veröffentlicht. Am kommenden Montag will der Untersuchungsausschuss seinen Bericht offiziell vorstellen. Die Eröffnung des BER wird derzeit zwischen Ende 2017 und Anfang 2018 erwartet.

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

   DJG/bam

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   June 15, 2016 11:57 ET (15:57 GMT)- - 11 57 AM EDT 06-15-16

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