02.07.2020 19:49:38
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Verfrühter Optimismus / Kommentar zum US-Arbeitsmarkt von Peter De
Thier
Frankfurt (ots) - Wie fast alle Konjunkturdaten, die seit März aus den
US-Ministerien kamen, verleitet auch der Juni-Arbeitsmarktbericht zu voreiligen
Schlussfolgerungen. So warnten Ökonomen nach dem Bericht für April, als über 20
Millionen Stellen gestrichen wurden, vor einem Absturz, der tiefer sein könnte
als während der Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren. Die Wende im Mai belehrte
sie dann eines Besseren. Gleichwohl bedeuten die 4,8 Millionen im Juni neu
entstandenen Jobs keineswegs, dass das Schlimmste überstanden ist.
So liegt die Arbeitslosenquote immer noch über dem höchsten Stand, der während
der Finanzkrise erreicht wurde. Das ist für sich genommen ernüchternd. Wichtiger
ist es aber, die Entwicklung in den gesamtwirtschaftlichen Kontext einzubetten.
Schließlich hat das Unvermögen der Regierung von US-Präsident Donald Trump, eine
nationale Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu entwickeln, neue
Gefahren für die konjunkturelle Erholung heraufbeschworen.
So begannen viele Staaten schon vor Wochen, ihre Wirtschaft wieder zu öffnen.
Ostküstenstaaten, allen voran New York, warteten mit der Lockerung ihrer
Kontaktbeschränkungen, bis die Infektionsrate erkennbar zurückging. Andere,
gerade im republikanisch beherrschten Süden, ignorierten hingegen die Ratschläge
der Gesundheitsexperten und hörten nur auf eine Stimme: die ihres Präsidenten,
der im Interesse der eigenen Wiederwahl unermüdlich auf die Öffnung der
Wirtschaft dringt und von unbestreitbaren Fakten nichts wissen will.
Die Folgen, insbesondere in Texas, Florida und Arizona, die zu den größten
Staaten zählen und für einen bedeutenden Anteil am Bruttoinlandsprodukt stehen,
sind verheerend. Weil Kontaktbeschränkungen ignoriert wurden, Ausgangssperren
nur von kurzer Dauer waren und Menschen sich unbeirrt in Kneipen, Nachtklubs,
Schwimmbädern und an Stränden tummelten, erreichen die täglichen Erkrankungen
neue Rekordstände. Intensivstationen sind hoffnungslos überlastet, und nun
müssen selbst die Trump-loyalen Gouverneure reagieren und das Tempo der Öffnung
drosseln.
Das wird auch auf den Arbeitsmarkt durchschlagen. Wie gehabt schmückt sich Trump
mit den Zahlen und jubelt über das starke Comeback. Doch sollte es einen
erneuten Einbruch am Arbeitsmarkt geben, dann wird Trump spätestens am 3.
November, wenn er sich wieder den Wählern stellen muss, das Lächeln vergehen.
(Börsen-Zeitung, 03.07.2020)
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