28.04.2022 20:36:50
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Temporärer Rückschlag, Kommentar zur US-Wirtschaft von Peter De Thier
Washington (ots) - Zwar sprechen die meisten Ökonomen von einem überraschenden
Rückgang des US-BIP im ersten Quartal. Ist es aber wirklich verwunderlich, dass
die Wirtschaft angesichts der Vielzahl von Krisen, die ausgebrochen sind und
sich teilweise überlappen, Federn lässt? Die Inflation befindet sich auf dem
höchsten Stand seit 40 Jahren. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine treibt
die Energiepreise weiter hoch und hat für einige Zeit die Unsicherheit bei
Unternehmen und Verbrauchern erhöht. Auch sollte man nicht vergessen, dass neue
Lockdowns wegen der Omikron-Variante des Coronavirus gar nicht so lange
zurückliegen und die Konjunktur nur langsam wieder begann, auf Touren zu kommen.
Gewiss ist es rein politisch motiviert, wenn US-Präsident Joe Biden die erste
Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt herunterspielt, von "technischen
Faktoren" spricht und jene "Position der Stärke" betont, in der sich die
Wirtschaft angesichts der hohen Hürden befindet, die genommen werden müssen.
Biden hat nicht unrecht. Schließlich hätten die wenigsten geglaubt, dass sich
die US-Wirtschaft nach dem pandemiebedingten Absturz um mehr als 30 Prozent so
schnell erholen würde, dass sie im Folgejahr das stärkste Wachstum seit 1984
aufweist.
Historisch gesehen ist die Resistenz der US-Wirtschaft unbestreitbar, und
fraglos wird sie sich auch von diesem Rückschlag erholen. Dennoch sind die
immensen Risiken nicht zu unterschätzen. Dabei geht die größte Gefahr von der
Rekordinflation und den Zinserhöhungen aus, die schon heute auf dem Häusermarkt
lasten und das Wachstum weiter abwürgen könnten. Nicht einmal der
Fed-Vorsitzende Jerome Powell und seine Kollegen im FOMC wissen, wie straff sie
die Zügel angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten, die den Verlauf der
Inflation beeinflussen werden, ziehen müssen. Zu den wichtigsten Komponenten
zählen die Energiepreise, und deren weitere Entwicklung wird in hohem Maße davon
abhängen, ob der Krieg bald endet.
Indes steckt Biden in einer Zwickmühle. Angenommen, die Konjunkturschwäche
dauert länger an, dann würden Regierung und Kongress sich in der Regel auf
Ausgabenprogramme einigen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Diese
Möglichkeit ist angesichts der Inflation, der hohen Staatsverschuldung und des
hartnäckigen Widerstands seitens der republikanischen Opposition vom Tisch. Denn
die wollen dem Präsidenten jeden Erfolg verweigern, selbst um den Preis einer
möglichen Rezession.
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