04.10.2021 20:29:38
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Steile Lernkurve, Kommentar zur Autoindustrie von Sebastian Schmid
Frankfurt (ots) - Es ist erst wenige Wochen her, dass sich die deutsche
Automobilindustrie auf der internationalen Messe IAA in München selbst gefeiert
hat. Fortschritte bei Elektrifizierung, autonomem Fahren und digitalen Services
prägten den Eindruck einer hochleistungs- wie lernfähigen Branche. Allerdings
scheint die Lernfähigkeit auch bitter nötig.
Das gilt insbesondere mit Blick auf die Beziehungen zu Lieferanten wichtiger
Elektronikbauteile. Die anhaltenden Lieferengpässe haben zahlreiche Experten -
etwa der Beratungsgesellschaften BCG und PwC - veranlasst, ihre Prognosen für
die weltweiten Auslieferungen 2021 erneut um mehrere Millionen Fahrzeuge nach
unten zu korrigieren.
Für einige Werke haben die Hersteller zuletzt mehrwöchige Produktionspausen
angekündigt. Das Opel-Werk in Eisenach hat seine Tore wegen des Teilemangels
sogar gleich bis zum Jahresende geschlossen. Doch selbst wenn gefertigt wird,
mutet der Begriff "fertigen" oft zunehmend deplatziert an. Viele Autohändler
klagen längst darüber, dass ihnen unfertige Fahrzeuge angeliefert werden, die
der Hersteller dann bei entsprechender Verfügbarkeit später vervollständigen
will.
Sowohl BMW als auch Mercedes liefern mittlerweile Fahrzeuge aus, die später mit
bestimmten Funktionen nachgerüstet werden sollen. Konkurrent Audi geht es
ähnlich und vielen Volumenherstellern erst recht. Die vom Ifo-Institut gemessene
Stimmung in der hiesigen Automobilindustrie, die im Juli ein Mehrjahreshoch
erklommen hatte, ist längst wieder im Sinkflug. Und dies, obwohl viele Autobauer
kurzfristig margenseitig profitieren. Der Mangel an Fahrzeugen hat den
Preiswettkampf praktisch ausgeschaltet. Ohne die üblichen Rabatte liegt die
Profitabilität der verkauften Autos deutlich höher und damit auch die Marge.
Beunruhigend sind der Chipmangel und die ständig changierenden Aussagen der
Automanager dennoch. Ein oft zu hörendes Mantra lautet, die ganze Branche sei
gleichermaßen betroffen. Die ganze Branche? Nein! Wie im Comic ein kleines
gallisches Dorf den Römern trotzt, so stellt sich ein US-Elektroautobauer
erfolgreich dem Chipmangel entgegen. Tesla hat für das dritte Quartal wieder
einmal rekordhohe Auslieferungen gemeldet.
Es ist nicht lange her, dass CEO Elon Musk attestiert wurde, eine steile
Lernkurve in der Produktion vor sich zu haben, wenn das Mittelfristziel von
einer Million Autos pro Jahr erreicht werden soll. Nun kratzt Tesla erstmals am
Ziel - trotz Chipkrise. Die steile Lernkurve haben mittlerweile andere Autobauer
vor sich.
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