13.04.2021 20:25:38
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Sprinterqualitäten gefragt, Kommentar zu SAP von Sebastian Schmid
Frankfurt (ots) - Mit Blick auf das Volumen ist die jüngste Transaktion des
Walldorfer Softwarekonzerns SAP eher zu vernachlässigen. Rund eine halbe
Milliarde Euro investiert der strategische Partner Dediq in das neu zu gründende
Gemeinschaftsunternehmen FSI, in dem auf SAP-Technologie basierende
spezialisierte Produkte für die Finanzindustrie entwickelt und vertrieben
werden sollen. Bei Abschluss winkt SAP ein mittlerer zweistelliger
Millionenertrag. Kaum der Rede wert für einen Konzern, der im vergangenen Jahr
einen Nettogewinn von mehr als 5 Mrd. Euro eingefahren hat.
Strategisch ist der Schritt dennoch ein bemerkenswerter und Teil des
Paradigmenwechsels unter CEO Christian Klein. Dieser hält heute letztlich auch
deshalb das Steuer in Händen, weil der Doppelspitze mit ihm und Co-Chefin
Jennifer Morgan angesichts der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr 2020 nicht die
nötige Entscheidungsgeschwindigkeit zugetraut wurde. Seit er allein an der
Spitze steht, drückt der SAP-Chef aufs Tempo - bei der Migration der Kunden in
die Cloud, dem Börsengang der Tochter Qualtrics und nun der Entwicklung des
Angebots im Financial-Services-Sektor. SAP-CFO Luka Mucic und Matthias Tomann,
geschäftsführender Partner von Dediq, betonen die höhere Agilität der
Entwicklung neuer Softwareangebote für Banken und Versicherungen außerhalb des
SAP-Konzerns.
Die Hoffnung ist, dass der größere strategische Spielraum eine
Start-up-Atmosphäre schaffen kann. Denn SAP erzielt zwar fast ein Zehntel der
Konzernerlöse mit der Finanzindustrie, die global so viel wie praktisch keine
andere Branche in IT investiert. Das Gros davon geht aber auf generische
Produkte zurück, wie Mucic erklärt. Mit spezialisierten Lösungen läuft es eher
mau, kann man dieser Aussage auch entnehmen.
Bislang war das für SAP unkritisch. Viele Banken und Versicherungen zieren sich
ohnehin, mit ihrem operativen Kerngeschäft in die Cloud zu gehen. Doch die
Offenheit im traditionell vorsichtigen Finanzsektor wächst. Tomann erwartet eine
dramatische Verschiebung der IT-Ausgaben in Richtung Cloud in den kommenden
Jahren. Daher ist nun Geschwindigkeit gefragt. Und die nötigen
Sprinterqualitäten sind bei kleineren Softwarehäusern häufiger anzutreffen als
bei Großkonzernen. Für mehr Agilität nimmt der SAP-Vorstand um Klein in Kauf, an
den Partner Kontrolle und einen Gutteil der Einnahmen abzugeben. Lieber einen
kleinen Teil vom großen Preis als einen Trostpreis für sich allein, lautet wohl
die Kalkulation.
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