DAX
16.07.2021 20:26:50
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OTS: Börsen-Zeitung / Spektakuläre Berichtssaison, ein Marktkommentar von ...
Spektakuläre Berichtssaison, ein Marktkommentar von Christopher
Kalbhenn
Frankfurt (ots) - An den Aktienmärkten kommt es zum Themenwechsel. Nachdem
zuletzt Sorgen über die Pandemie, die steigende Inflation und einen
herannahenden Kurswechsel der Geldpolitik hin zu einer restriktiveren Linie die
Agenda bestimmt haben, übernehmen nun Unternehmensgewinne das Zepter. In den USA
haben die Banken die Quartalsberichtssaison eröffnet, aber auch Dax-Unternehmen
sind mit ersten Zahlen an die Öffentlichkeit gegangen. Es wird eine spektakuläre
Berichtssaison, denn die Gewinne werden ebenso wie die makroökonomischen
Kennzahlen nach dem Einbruch des Vorjahres in die Höhe schießen.
Legt man die Konsensschätzungen zugrunde, steht ein Gewinnwachstum an, das den
Wert aus dem bereits spektakulären ersten Quartal übertrifft und seinesgleichen
sucht. Nachdem das aggregierte Ergebnis je Aktie der Unternehmen im Stoxx Europe
600 vor Jahresfrist um 59 Prozent eingebrochen war, wird nun laut der Bank of
America ein Anstieg im Vorjahresvergleich um sagenhafte 140 Prozent erwartet.
Verglichen mit dem Konsens von vor sechs Monaten hat sich die Markterwartung für
das Gewinnwachstum des zweiten Quartals um mehr als 50 Prozentpunkte erhöht.
Gleiches gilt für das Wachstum des Gesamtjahres. Ging der Konsens Mitte März
noch von einem Anstieg um 35 Prozent aus, ist nun ein Hoch von 48 Prozent
erreicht worden. Doch was bedeutet das für den Aktienmarkt? Bringt die
Berichtssaison den nächsten großen Schub, der etwa den Dax über die Marke von
16000 Punkten hievt?
Positiv ist festzuhalten, dass der starke Gewinnanstieg die hohen Bewertungen
der Aktienmärkte, die zusätzlich von den extrem niedrigen Zinsen und dem Mangel
an Anlagealternativen gestützt werden, bis zu einem gewissen Grad als
gerechtfertigt beziehungsweise fundamental untermauert erscheinen lässt.
Dennoch spricht einiges gegen einen Sommerrausch an den Aktienmärkten. Denn die
Marktteilnehmer sind nur noch schwer zu begeistern. 140 Prozent Wachstum werden
sie nicht positiv überraschen können, denn es ist ja der Konsens, sprich die
bereits im Markt enthaltene Erwartung. Eher birgt diese hohe unterstellte Rate
Enttäuschungspotenzial.
Überdies erreicht das Gewinnwachstum mit der jetzt gestarteten Berichtssaison
seinen Zenit. Denn die Basiseffekte aus dem schwachen Vorjahr lassen im zweiten
Halbjahr nach, was an sich allerdings nun auch keine negative Überraschung für
den Markt darstellt. Für das dritte und vierte Quartal rechnet der Konsens mit
einem Gewinnwachstum im Vorjahresvergleich von "nur" 32 Prozent und 21 Prozent.
Es besteht somit durchaus die Möglichkeit, dass über kurz oder lang die "alten"
Themen, also Pandemie, Inflation und Geldpolitik, wieder die Oberhand gewinnen
und die Unternehmensgewinne eben nicht die nächste Stufe der Aktienmarktrally
zünden.
Die Commerzbank glaubt zwar, dass die Analysten ihre Erwartungen für die
Dax-Unternehmensgewinne weiter anheben werden, nachdem einige Unternehmen,
darunter BASF und Volkswagen, ihre Gewinnziele für das Gesamtjahr angehoben
haben. Sie rät Investoren aber, die voraussichtlich starke Gewinnsaison zu
nutzen, um Aktienpositionen zu reduzieren. Neben hohen Bewertungen, einem sehr
optimistischen Anlegersentiment und einem sich abzeichnenden schwächeren
Wachstum in China verweist sie auf die US-Geldpolitik. In den Vereinigten
Staaten sei die Kerninflation mit 4,5 Prozent auf das höchste Niveau seit 1991
gestiegen. "Sollte der jüngste Trend überraschend hoher Inflationsdaten
anhalten, wird die US-Notenbank in absehbarer Zeit ein Zurückfahren ihrer
Anleihekäufe signalisieren", so das Institut. Auch die Landesbank
Baden-Württemberg bezweifelt, dass die Berichtssaison den Impuls für weitere
deutliche Kurssteigerungen bringen wird. In den USA hätten die Banken bereits
gut vorgelegt. Ob der Gesamtmarkt hieraus neue Kraft schöpfen werde, erscheine
zumindest fraglich. "Sell on good news" werde wohl wahrscheinlicher sein als
eine Fortsetzung der Rekordjagd.
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