13.07.2022 20:16:38
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Konkurrierende Risiken, Kommentar zur US-Wirtschaft von Peter de Thier
Frankfurt (ots) - Seit Monaten beschäftigen sich Ökonomen, Notenbanker und
Politiker mit der Frage, welche Gefahr denn für die US-Wirtschaft schwerer
wiegt: Die steigende Inflation, die an den Verbraucherpreisen gemessen im Juni
ein weiteres Mal die Markterwartungen übertraf? Oder besteht das größere Risiko
in der Möglichkeit, dass die verschärfte Geldpolitik der Fed die Nachfrage
abwürgt und die Wirtschaft in eine Rezession abgleitet?
Keine Frage: Der Notenbank sind die Hände gebunden. Die Teuerungsrate eilt seit
mehreren Monaten von einem 40-Jahres-Hoch zum nächsten. Zwar sind die
Benzinpreise zuletzt wieder gesunken und lassen Hoffnung aufkommen, dass die
nächsten Inflationsberichte auf leichte Entspannung hindeuten. Angesichts
geopolitischer Unsicherheiten und der Volatilität an den Energiemärkten sowie
der Versorgungsengpässe bei wichtigen Produktgruppen wäre aber auch das kein
Garant dafür, dass die Preissteigerungen auf Dauer wieder nachlassen.
Gleichzeitig hat die Wirtschaft Federn gelassen. Im ersten Quartal gab das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) aufs Jahr hochgerechnet um 1,6 % nach. Folgen zwei
weitere negative Quartale, dann wäre die Rezession amtlich. Zwar glauben die
meisten Experten, dass im Frühjahr wieder eine langsame Erholung eingesetzt hat
und im zweiten Quartal das BIP wieder mit einem positiven Vorzeichen versehen
sein wird. Sicher ist das aber nicht. Schließlich hat sich als Folge der hohen
Preise die Stimmung bei Verbrauchern eingetrübt. Deren Konsumausgaben machen
fast 70 % der Wirtschaftsleistung aus und blieben im Mai fast unverändert. Und
das verheißt nichts Gutes.
Zu bedenken ist auch, dass die Fed sich noch in einem frühen Stadium einer
langen Serie von Zinserhöhungen befindet, mit denen zu rechnen ist. Diese machen
sich heute schon bemerkbar, besonders am Häusermarkt. Dort sind die Kosten eines
Hypothekenkredits bereits so stark gestiegen, dass für viele Käufer der Traum
des Eigenheims unerschwinglich geworden ist. Dabei ist klar: Die Zinsen werden
weiter steigen, und das wird in zunehmendem Maße auch auf
Unternehmensinvestitionen sowie die Finanzierung langlebiger Konsumgüter
durchschlagen.
Im Kampf gegen die Inflation muss die Fed am Ball bleiben, darf aber nicht
vergessen, dass die hohen Preise nicht ausschließlich nachfragegesteuert sind.
Völlig richtig ist, dass der Kongress Gesetze verabschieden muss, um die
heimische Fertigung kritischer Produkte wie Halbleiter zu fördern und somit auch
auf die Angebotsseite der Inflation einzuwirken.
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