24.05.2022 20:30:38
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OTS: Börsen-Zeitung / Kein Spaziergang, Kommentar zur Lufthansa von Heidi Rohde
Kein Spaziergang, Kommentar zur Lufthansa von Heidi Rohde
Frankfurt (ots) - Nach Jahren auf der Lauer nähert sich die Lufthansa dem
Einstieg bei der Alitalia-Nachfolgerin ITA. Finanzieller Beistand kommt von der
Großreederei MSC, die durch den Boom in der Containerschifffahrt während der
Pandemie sicher hinreichend tiefe Taschen hat, um den Partnern ein
wettbewerbsfähiges Angebot zu ermöglichen. Indes entscheidet in Rom die Höhe der
Offerte für die restrukturierte und komplett entschuldete Airline sicher nicht
allein über den Zuschlag an einen Bieter. Auch das strategische Konzept dürfte
eine zentrale Rolle spielen, zumal der italienische Staat, der eine Minderheit
behalten will, erneut erhebliche Mittel für Investitionen in Aussicht gestellt
hat.
Lufthansa, die dem Vernehmen nach 20 Prozent an ITA will, während MSC 60 Prozent
anpeilt, beansprucht in jedem Fall die unternehmerische Führung und hat die
Eckpfeiler ihres strategischen Konzepts bereits öffentlich gemacht. Es geht
nicht nur um die Entwicklung der ITA-Langstrecke durch deren Einbindung in das
Geflecht der Netz-Carrier des Aviation-Konzerns, sondern auch um den Anteil am
touristischen Verkehr Italiens sowie die Entwicklung des Frachtgeschäfts. Vor
allem bei den Inlandsverbindungen sowie auf der touristischen Mittelstrecke
tritt ITA gegen den starken Marktführer Ryanair an. Hier werden schlanke
Strukturen und Kostendisziplin entscheidend sein. Darüber muss ein belastbarer
Konsens bestehen, sonst kann die Rechnung der Lufthansa nicht aufgehen.
Welche konkreten strategischen Pläne das konkurrierende Konsortium um Air
France-KLM hat, ist weniger bekannt, jedoch haben die Franzosen bereits
klargemacht, dass sie es auch ernst meinen. Zwar wurde die Lufthansa wiederholt
als bevorzugter Partner bezeichnet, aber eine allzu große unternehmerische
Konsequenz stößt in Italien nicht immer auf Gegenliebe. In jedem Fall dürfte Rom
auch das Angebot von Air France-KLM in Betracht ziehen, zumal wenn es finanziell
nicht hinter dem von Lufthansa und MSC zurückbleibt. Diskussionsbedarf könnte
überdies entstehen, weil alle Bieter bedenken müssen, dass der eher kurzzeitige
Zugang zum Datenraum eine gründliche Prüfung der Bücher erschwert hat.
Die ITA-Vorgängerin Alitalia hat sich stets als Fass ohne Boden entpuppt, auch
für kapitalkräftige Käufer wie einst Etihad. Ein Verkauf von ITA selbst ist
wiederholt gescheitert, weil die Bedingungen am Ende für die interessierten
Erwerber doch nicht annehmbar waren. Ein Spaziergang wird die Übernahme für
Lufthansa auch diesmal nicht.
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