20.11.2020 20:30:38

OTS: Börsen-Zeitung / Im Realitäts-Check, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Im Realitäts-Check, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots) - Mit großer Zuversicht blicken Marktteilnehmer auf das kommende

Jahr. Denn mit den Erfolgen in der Erprobung von Corona-Impfstoffen, die einen

Schutz von rund 95 Prozent gezeigt haben, kann nun als sicher angenommen werden,

dass die Pandemie überwunden wird und damit auch die Rückkehr zur Normalität

2021 beginnen wird. Den Dax hat die Impfstoffhoffnung, nachdem zuvor auch

Unsicherheit über den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl weggefallen war,

ausgehend von rund 12500 Zählern zu einem Schub von bis zu rund 700 Punkten

verholfen, so dass er wieder Höhen oberhalb der Marke von 13000 Zählern erreicht

hat.

Wenig verwunderlich haben vor allem Aktien besonders hart von der Pandemie und

den dadurch ausgelösten Restriktionen betroffener Branchen positiv reagiert. So

etwa die Aktien von auf Einzelhandelsimmobilien fokussierten Unternehmen wie

Deutsche Euroshop, die nach der Erfolgsmeldung von Biontech und Pfizer um rund

50 Prozent zugelegt hat. Und die seit langem underperformenden zyklischen bzw.

Value-Aktien haben auf die Überholspur gewechselt.

Extreme Zuversicht

Es gibt jedoch ein paar Schönheitsfehler, die das Bild ein wenig trüben. So hat

die Zuversicht der Marktteilnehmer in den zurückliegenden Wochen Ausmaße

angenommen, die jetzt die Frage aufwerfen, wo noch mehr Aufwärtspotenzial

herkommen kann, und auch Warnsignale für die nächste Zeit geben. So hat die

jüngste globale Fondsumfrage von Bank of America (BoA) gezeigt, dass die

Fondsmanager die Aussichten für die Weltwirtschaft so zuversichtlich einschätzen

wie seit dem Jahr 2002 nicht mehr. Sie haben umfangreiche Umschichtungen in

Aktien getätigt, so dass der Anteil der in Dividendenwerten übergewichteten

Fonds das höchste Niveau seit Januar 2018 erreicht hat. Der Durchschnitt der von

den Umfrageteilnehmern angegebenen Kassaquoten sank im Vormonatsvergleich von

4,4 Prozent auf 4,1 Prozent. Ein Wert unterhalb von 4 Prozent würde ein

Verkaufssignal generieren. Das US-Institut hat europäische Aktien daher auch auf

"Neutral" zurückgestuft und hält eine Korrektur in einer Größenordnung von 10

Prozent für möglich.

Die Marktteilnehmer haben die sich abzeichnende Überwindung der Pandemie bereits

ein gutes Stück weit vorweggenommen. Sie sehen Licht am Ende des Tunnels. Leider

ist das Ende des Tunnels aber in weiter Ferne, und das Licht droht in nächster

Zeit wieder zu erlöschen. Anders ausgedrückt: In den kommenden Wochen müssen die

Marktteilnehmer durch einen harten Realitätscheck. Zum Start der kalten

Jahreszeit breitet sich das Coronavirus in Europa und mehr noch in den USA, wo

zuletzt mehr als 2000 Menschen an einem Tag an Covid-19 gestorben sind, in einem

sehr beunruhigendem Ausmaß aus. Die Folge sind immer mehr Restriktionen und eine

stetig steigende Wahrscheinlichkeit eines erneuten harten Lockdown. Nach der

sehr starken Erholung der Konjunktur und der Unternehmensgewinne im dritten

Quartal droht ein empfindlicher Rückschlag. Realität ist derzeit nicht die

Überwindung der Krise durch einen Impfstoff, sondern eine Verschlimmerung der

Pandemie.

Das ist eine schlechte Nachricht für ebenjene Unternehmen, die besonders stark

unter Corona leiden, wie etwa Deutsche Euroshop. Selbst ohne Ladenschließungen

droht das für den Einzelhandel so wichtige Weihnachtsgeschäft erheblich zu

leiden, weil Menschen wegen wirtschaftlicher Risiken ihre Ausgaben zurückfahren

und/oder aus Angst vor Infektion dem Online-Handel den Vorzug geben. Auch für

andere einschlägige betroffene Sektoren wie die Reise- und Freizeit- sowie die

Flugzeugbaubranche könnte die Lage in den kommenden Wochen noch prekärer werden.

Eine Korrektur wäre aber erneut nichts anderes als eine Einstiegsgelegenheit. In

absehbarer Zeit werden nicht nur die Impfungen beginnen, ab dem Frühjahr wird

außerdem das wieder wärmere Wetter das Virus eindämmen. Damit wird auch das

Vertrauen in die wirtschaftliche Erholung wieder gestärkt werden. Die

Notenbanken werden weiter mit Anleihekäufen stützend eingreifen und auch in

einer beginnenden wirtschaftlichen Erholung die Zinsen niedrig halten. Der

Mangel an Alternativen zu Aktien wird in diesem Umfeld erhalten bleiben. Nicht

zuletzt wird auch das Washingtoner Kasperletheater bald enden, so dass das

US-Fiskalpaket nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen dürfte, flankiert

von einem Präsidenten, der seine Zeit nicht auf dem Golfplatz verplempert,

sondern sich ernsthaft mit der Pandemie beschäftigt.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/4769969

OTS: Börsen-Zeitung

JETZT DEVISEN-CFDS MIT BIS ZU HEBEL 30 HANDELN
Handeln Sie Devisen-CFDs mit kleinen Spreads. Mit nur 100 € können Sie mit der Wirkung von 3.000 Euro Kapital handeln.
82% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Indizes in diesem Artikel

DAX 19 847,45 -0,19%