18.06.2021 20:16:38

OTS: Börsen-Zeitung / Grüne Disziplinierung, Marktkommentar von Kai Johannsen

Grüne Disziplinierung, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Den Zentralbanken kommt im Kampf gegen Klimawandel,

Umweltverschmutzung und Nachhaltigkeitsaspekte eine eigene Rolle zu. Das sehen

nicht nur Marktakteure so, auch die Notenbanken selbst thematisieren, inwieweit

die Geldpolitik um ein grünes und nachhaltiges Element ergänzt werden muss,

damit man der eigenen Rolle gerecht wird und als komplementäres Element zu

Regierungen, Regulierern etc. bei der Erreichung von grünen und nachhaltigen

Zielen unterstützend wirkt. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat etwa kürzlich

eine grüne Ausrichtung bei Bondkäufen ins Spiel gebracht. Einen Schritt weiter

sind ihre Kollegen von der Riksbank. Anna Breman, stellvertretende Chefin der

schwedischen Zentralbank, legte un­längst im Interview mit dieser Zeitung dar,

wie weit dieses Unterfangen dort bereits ist.

Die Riksbank setzt am eigenen CO2-Fußabdruck an. "Das be­trifft unsere eigene

Zentralbankbilanz und damit unser eigenes Risikomanagement. Wir haben sehr viele

Assets gekauft, und wir bekommen Sicherheiten ge­stellt, wenn wir Geld an eine

Bank verleihen. Wir analysieren dann, was wir an Assets haben und welche eigenen

Klimarisiken wir damit auf unserer Bilanz haben", sagt Breman. Sie gibt ein

Beispiel. Im vorigen Jahr hat die Riksbank im Rahmen der Krisenbekämpfung und

damit im Bereich des Quantitative Easing angefangen, Unternehmensanleihen zu

kaufen. Man habe die Entscheidung getroffen, die mit diesen Anleiheassets

verbundenen CO2-Emissionen zu messen und auf der Website zu veröffentlichen. Man

habe zudem negative ESG-Screenings eingeführt. "Das hat natürlich nicht nur

etwas mit Klimaaspekten zu tun, sondern hat einen breiteren Fokus und geht in

Richtung von Sustainability. Bei diesen Screenings gehen wir viel weiter und

sehen uns an, welche negativen Implikationen dort bei Unternehmensanleihekäufen

be­stehen, die wir durchgeführt haben. Diese Aspekte finden via Risikomanagement

dann auch Niederschlag in der Zentralbankpolitik der Riksbank."

Die Geldpolitik um ein grünes und nachhaltiges Element zu ergänzen, wird kein

temporäres Phänomen sein. Der Kampf gegen Klimawandel, Umweltverschmutzung und

das Bemühen, sich für eine grüne nachhaltige Welt einzusetzen und entsprechend

zu agieren, ist Pflichtprogramm für die Gesellschaft und wird diese dauerhaft

prägen. Deshalb wird auch das entsprechende Agieren der Notenbanken dauerhaft,

um ihrer Rolle auf lange Sicht nachzukommen. Und das wird nicht ohne Einfluss

auf die Märkte für grüne und nachhaltige Anleihen bleiben. Wenn eine Zentralbank

bei der Stellung von Sicherheiten in Form von Anleihen und anderen Zinspapieren

und beim Ankauf im Rahmen des QE darauf achtet, welche Klimarisikopositionen sie

damit hat, findet das, wie Breman aufzeigt, Niederschlag im Risikomanagement.

Entscheidet sich eine Zentralbank dann, ihre eigene CO2-Risikoposition zu

minimieren, um ihr eigenes CO2-Ziel zu erreichen, bedeutet dies, dass sie

bestimmte Anleihen, mit denen sie sich zu hohe Risiken in grüner oder

nachhaltiger Hinsicht auf die eigene Bilanz lädt, zum Beispiel nicht mehr als

Collateral akzeptiert bzw. mit einem sehr viel höheren Bewertungsabschlag

versieht, oder eben bestimmte Zinspapiere nicht mehr im Rahmen des QE erwirbt.

Die Marktwirkung, die dann ceteris paribus bei diesen Anleihen eintritt, ist,

dass die Renditen steigen bzw. sich die Spreads ausweiten. Das bedeutet im

Umkehrschluss, dass sich der Emittent mit höheren Refinanzierungskosten

konfrontiert sieht. Das mag der eine oder andere Emittent in der Anfangsphase

vielleicht noch akzeptieren. Steigen die Renditen im Vergleich zu den Peers zu

weit oder weiten sich die Spreads der Bonds, die nicht mehr als Collateral

akzeptiert werden, zu stark aus, wird der Emittent sich auf sehr wohl überlegen,

wie er reagiert. Das ist eine einfache Rechenaufgabe. Was kostet den Emittenten

mehr? Höhere Renditen bzw. ausgeweitete Spreads in der Refinanzierung oder in

eine grüne und nachhaltige Ausrichtung der eigenen Institution zu investieren?

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass auch noch von anderer

Seite eine Wirkung eintritt: Grüne und nachhaltige Anleihen sind am Markt

stärker gefragt als ihre nichtgrünen oder nichtnachhaltigen Pendants. Dieser

Prozess zu immer tieferen grünen Renditen lässt die nichtgrünen immer nur noch

schlechter dastehen. Das setzt sich die nächsten Jahre auf dem Weg zu einer

grünen (Finanzmarkt-)Welt fort. Wenn die Notenbanken in dieser Hinsicht lenkend

eingreifen, entsteht eine disziplinierende Wirkung: eine grüne Disziplinierung.

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