03.01.2022 20:25:38
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Glaubwürdigkeit retten, Kommentar zur EU-Taxonomie von Andreas Heitker
Frankfurt (ots) - Grüne Anleihen und nachhaltige Fonds werden künftig wohl
vereinzelt Warnhinweise tragen nach dem Motto "Caution! Greenwashing inside".
Oder so ähnlich zumindest. Denn die EU-Kommission will mit der geplanten grünen
Klassifizierung von Gas- und Atomkraftwerken gleich auch die
Offenlegungspflichten für Finanzprodukte ändern. Anleger sollen sehr transparent
Informationen erhalten, ob mit den Produkten auch Gas- oder Atomprojekte
finanziert werden. Offenbar treibt auch die Brüsseler Beamten die Sorge um, dass
sie mit ihren grünen Labelplänen der ganzen Taxonomie einen Bärendienst
erweisen. Die begleitende Transparenzoffensive hat ganz offensichtlich das Ziel,
die Glaubwürdigkeit des EU-Klassifizierungssystems zu retten.
Lange hatte sich die EU-Kommission vor einer Entscheidung zur
Nachhaltigkeitseinstufung der einzelnen Erzeugungsarten gedrückt. Es war
schließlich immer klar, dass Europa in Energiefragen nur schwer
zueinanderfindet. Im April wurde die Vorlage zu Gas und Atom kurzerhand auf das
vierte Quartal geschoben. Es folgte im Dezember eine verdruckste Kommunikation
und schließlich - als dann wirklich alle in den Winterurlaub verschwunden waren
- eine Mitteilung am Silvesterabend an die Mitgliedstaaten.
Dass Atomstrom zwar CO2-arm, aber ansonsten keinesfalls nachhaltig ist, wird
auch in Brüssel kaum bestritten. Das Entsorgungsproblem ist ja bekannt. Dass der
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mittlerweile von einer
"risikobehafteten und teureren Technologie" spricht, sagt auch schon viel. Und
selbst französische Green-Finance-Label schließen Atomenergie aus. Doch
Frankreich und seine Unterstützer allen voran aus Osteuropa haben seit dem
Herbst eine sehr effektive Pro-Atom-Kampagne gefahren. Sie bilden die Mehrheit
in der EU. Dies war für die Entscheidung der Kommission wichtig.
Beim Thema Gas hat Brüssel deutlich mehr Argumente auf seiner Seite: Hier gelten
viel kürzere Fristen und strenge Voraussetzungen, so dass hier tatsächlich die
Einstufung als Brückentechnologie gerechtfertigt ist, die ja auch von Berlin
unterstützt wird. Der Übergang vom Erdgas auf klimaneutrale
Wasserstoff-Produktion muss immerhin bis 2035 gelungen sein.
Es geht bei der Klassifizierungsentscheidung der EU-Kommission im Endeffekt um
günstige Finanzierungsbedingungen für die Energiebranche. Die Frage ist offen,
wie die Anleger jetzt reagieren. Die neuen Warnhinweise werden auf viele wohl
eher abschreckend wirken.
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