09.12.2022 18:50:39
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Die Woche der Notenbanken / Kommentar zur Lage an den Finanzmärkten
von Kai Johannsen.
Frankfurt/M. (ots) - Für die Akteure an den internationalen Finanzmärkten wird
die neue Handelswoche die Woche der Notenbankentscheidungen. Denn in gleich drei
renommierten und an den Kapitalmärkten viel beachteten Zentralbanken kommen die
Entscheider in den nächsten Tagen zu ihren letzten turnusmäßigen geldpolitischen
Beratungen in diesem Jahr zusammen: in der US-Notenbank Fed, der Europäischen
Zentralbank (EZB) und der Bank of England (BoE). Es wird an den Märkten
allgemein erwartet, dass die Währungshüter den Fuß vom Gaspedal in Sachen
Zinserhöhungstempo nehmen und den Märkten damit zudem signalisieren, dass man
auch im neuen Jahr davon ausgehen kann, dass eher ein Gang weiter herunter- als
heraufgeschaltet wird, da sich die Inflation wohl weiter in die gewünschte
Richtung entwickeln wird und infolgedessen eine gemächlichere Gangart in der
Geldpolitik angemessen erscheint - und auch in konjunktureller Hinsicht dürfte
dies angebracht sein.
Den Anfang macht die Fed. Am Mittwochabend um 20 Uhr MEZ wird wohl über die
Ticker laufen, dass der US-Leitzins (Fed Funds Rate) dann bei 4,50 % liegen wird
und damit 50 Basispunkte höher als zuvor. So heißt es in dem Wochenausblick der
Commerzbank hierzu, dass die US-Notenbank Fed beschließen dürfte, ihre Zinsen
nicht noch einmal um 75, sondern nur noch um 50 Basispunkte zu erhöhen. Fed-Chef
Powell habe in einer Rede jüngst klargemacht, dass die Zeit von großen
Zinsschritten um 75 Basispunkte vorbei sei. Bereits auf der Dezember-Sitzung
könne sich die Fed mit einem kleineren Schritt zufriedengeben.
Einen Tag später legen dann die EZB und die britischen Währungshüter nach. Um 13
Uhr dürfte der britische Leitzins dann bei 3,50 % liegen nach bisherigen 3 %.
Und Christine Lagarde und ihre Kollegen dürften sich rund eine Stunde später
auch nur noch für einen Zinsschritt von 50 Basispunkten auf dann 2 %
entscheiden. Im hohen Norden, in Norwegen, wird man in Sachen Drosselung des
Zinserhöhungstempos dann schon einen Schritt weiter sein: Mehrheitlich gehen die
Marktteilnehmer davon aus, dass die Norges Bank den Leitzins bei unverändert
2,50 % lassen wird.
Die Energiekrise, anhaltende (Nach-)Wirkungen der Covid-19-Pandemie, aber eben
auch die Leitzinssteigerungen rund um den Globus haben ihre Spuren in der
Konjunkturentwicklung hinterlassen und das Wachstumstempo erheblich in
Mitleidenschaft gezogen; und ein Ende dieser Beeinträchtigungen ist für die
nächsten Monate bzw. das Jahr 2023 nicht absehbar. Viele Volkswirte stellen sich
auf Rezession ein: Dort, wo es sie bereits gibt, sollte sie sich fortsetzen. Wo
sie noch nicht Realität ist, sollte das nun der Fall werden.
An den Anleihemärkten stehen die Signale schon seit geraumer Zeit darauf, dass
verschiedene Volkswirtschaften auf dem absteigenden Ast sind bzw. auf diesen
kommen. In den USA ist die Zinsstrukturkurve bereits in den ersten Monaten
dieses Jahres invertiert. Eine inverse Zinsstruktur liegt dann vor, wenn die
langfristigen Renditen von Staatsanleihen tiefer sind als die Sätze der
kurzfristigen Pendants, so etwa wenn zehnjährige Staatsanleiherenditen unter den
zweijährigen Bondrenditen des Staates liegen. Damit stellt der Markt sich darauf
ein, dass die Notenbanken auf längere Sicht die Leitzinsen senken müssen, um der
strauchelnden Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Das spiegelt der Markt mit den
niedrigeren längerfristigen Bondrenditen im Vergleich zu den höheren
kurzfristigen Renditen wider. Das war in der Vergangenheit ein sicherer
Signalgeber, ging doch etwa in den USA praktisch jeder Rezession eine inverse
Zinsstruktur voraus. Auch in Großbritannien ist die Inversion der Kurve schon
eingetreten. Und in der Eurozone ist das ebenfalls zu beobachten, und zwar recht
deutlich. So liegen die zehnjährigen Bundrenditen bei um die 1,88% und damit
deutlicher unter der Marke von 2%, während die zweijährigen Bundrenditen mit um
die 2,15% noch über der Marke von 2% liegen. Die Rendite der 30-jährigen
Bundesanleihe liegt bei 1,61%.
Die Zinskurve des Bundes ist damit komplett invertiert. Das Signal lautet:
Rezession voraus. Fragt sich nur noch, wie heftig der wirtschaftliche Rückschlag
wird und wie stark die Währungshüter damit den Fuß vom Gaspedal nehmen müssen.
Manch einer geht davon aus, dass 2023 die ersten Zinssenkungen auf dem Programm
stehen - in der zweiten Jahreshälfte dürfte das unter dem Eindruck der Rezession
anstehen.
(Börsen-Zeitung, 10.12.2022)
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-notenbanken-558a015e-76f1-11ed-8b29-0271f386d4c9
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