18.12.2020 20:29:38

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Die Krise der kleinen Firmen, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Seit Mittwoch ist der harte Lockdown 2.0 in Deutschland

Realität. Geschäfte des Einzelhandels sind genauso wie der Hotel- und

Gaststättenbereich und diverse andere Bereiche geschlossen - öffentlich und

privat. Deutschland befindet sich damit in guter Gesellschaft, auch in anderen

Ländern ist Lockdown - in welcher restriktiven Form auch immer - wieder

Realität. Zumeist geht es über die Festtage bis in den Januar hinein. Und

diskutiert wird bereits, ob es ausreicht oder noch längere Schließungen

anstehen, Ausgangs- sowie Reiseregelungen noch verschärft werden müssen oder

noch mehr Bereiche zu schließen sind. Das ist aber zum jetzigen Zeitpunkt alles

noch mit sehr vielen Fragezeichen und Unklarheiten verbunden. Erst wenn die

Infektionsentwicklung klar wird und die entsprechenden Zahlen auf dem Tisch

liegen, werden die Maßnahmenkataloge deutlichere Züge annehmen - ob nun in

Richtung Verschärfung oder Lockerung.

Eines ist aber jetzt bereits völlig klar: Dieser Lockdown wird in Deutschland

und in anderen Ländern erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben, und das

wird tiefe Spuren hinterlassen - bei Hilfspaketen und an den Märkten. Es ist

nicht davon auszugehen, dass nun gleich reihenweise europäische Großkonzerne die

Grätsche machen und damit vom Kurstableau der Börsen verschwinden. Too big to

fail gilt bekanntlich immer noch. Die Staaten werden mit Hilfen zur Seite

springen. Die Krise hinterlässt ihre Spuren vielmehr bei anderen, und das sind

die SME (Small und Medium Enterprises).

Natürlich sind im Einzelhandel auch viele Ketten, die sich über das ganze Land

verteilen. Einzelhandel bedeutet aber auch viele kleine Einzelunternehmer, die

gar keine oder nur wenige Beschäftigte haben. Derartige Firmen oder Selbständige

haben auch nicht die riesigen Reserven. Oftmals wurden sie schon im ersten

Lockdown angegriffen oder gar aufgebraucht. Wer noch Polster hat, der hat nun

oftmals sehr viel dünnere. Zudem gibt es immer wieder Berichte über immer noch

nicht ausgezahlte Hilfen, viele scheitern an gestellten Hürden für die Hilfen.

Zu denken ist auch an die vielen familiengeführten Unternehmen, die für wenige

Unternehmen als Zulieferer agieren. Die deutsche Wirtschaft besteht ja nicht nur

aus dem Dax, sondern gerade aus dem Mittelstand, und dazu gehören nun mal viele

kleine und mittelgroße Firmen.

Dass Insolvenzen noch nicht nach oben geschnellt sind, liegt auch daran, dass

die Insolvenzanmeldungen erst später ge­macht werden müssen. Da sind niedrige

Insolvenzzahlen die logische Folge. Aber je länger dieser Lockdown dauern wird,

desto mehr SME werden in die Bredouille kommen. Und diese Firmen werden auch

nicht alle mit Staatshilfe am Leben erhalten werden können. Das ist geradezu

utopisch. Schon heute stellen sich Experten darauf ein, dass es im kommenden

Jahr zu Kreditereignissen bei den SME kommen wird. Das werden

Zahlungsverzögerungen sein bis hin zum Default. Die Defaultraten werden steigen.

Die Frage ist nur: Wie weit?

Und darüber werden später auch andere, größere Adressen Beeinträchtigungen

erfahren. Lieferanten - zu denken ist an mittelständische familiengeführte

Unternehmen - werden wegbrechen. Das kann Lieferketten durcheinanderwirbeln. Zu

denken ist aber auch daran, dass viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren.

Das ist nicht gerade förderlich für die kaufkräftige Nachfrage, die auf die

Märkte (Einzelhandel etc.) trifft. Und hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: Je

länger der Lockdown bzw. die wirtschaftliche Krise dauert, desto länger hält

sich auch die Unsicherheit, bei Verbrauchern und Unternehmen. Kaufentscheidungen

der Verbraucher werden zurückgestellt. Unternehmen agieren in Unterauslastung,

Investitionen werden nicht vorgenommen.

In dieser Gemengelage sind weitere Konjunkturhilfen des Staates wohl

unvermeidlich. Die Europäische Zentralbank (EZB) und auch andere Notenbanken

werden weiter gefordert sein. Die Kaufprogramme werden wohl eher ausgeweitet.

Das hält die Renditen der betreffenden Bonds weiter niedrig bzw. sie werden noch

tiefer gedrückt. Das billige Geld hat es in den vergangenen Jahren auch schon

gegeben. Die Renditen sind immer weiter gefallen. Die Aktienkurse stiegen.

Allerdings lebten die Aktienmärkte auch ohne eine Insolvenzwelle. Diese rollt

jetzt aber auf sie zu. Die weitere Kursperformance der Aktien wird auch

maßgeblich dadurch mitbestimmt, wie heftig die Insolvenzwelle ausfallen wird und

wie scharf die Belastungen der SME auch die großen Banken und

Industrieunternehmen in Mitleidenschaft ziehen wird.

Pressekontakt:

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