19.06.2020 23:36:48
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Das "S" von ESG im Blick / Kommentar zu Social Bonds von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - Die Coronakrise hat für das Entstehen einer neuen Anleiheart
gesorgt. Dabei handelt es sich um die sogenannten Covid-19-Response-Bonds oder
kurz Covid-19-Bonds. Mit den Erlösen aus diesen Anleihen sollen Auswirkungen der
Pandemie bekämpft, d.h. die entsprechenden Maßnahmen oder bestimmte Projekte
finanziert werden. Dabei geht es auch um soziale Aspekte, weshalb die Anleihen
unter sogenannten Social Bonds subsumiert werden können. Die Anleihen treffen am
Markt auf eine rege Resonanz, was unterstreicht, dass weite Anlegerkreise
soziale Aspekte durchaus im Blick haben bzw. diese stark betonen. Das ist eben
auch ein Ausdruck der hohen Nachfrage.
Bis einschließlich Dienstag der gerade abgelaufenen Woche wurden laut Daten von
Informa Global Markets (IGM) 36 solcher Covid-19-Response-Bonds an den
Anleihemärkten untergebracht, davon 16 im Euro und 20 im Dollar. Die
Zeichnungswünsche der Investoren übertrafen die Bondvolumina. Das war nicht nur
aggregiert so, sondern praktisch jede einzelne Anleihe erfreute sich einer regen
Nachfrage und war überzeichnet.
Aber das ist nicht der einzige soziale Aspekt, für den sich Anleger derzeit
verstärkt interessieren. Im Blick haben viele Investoren prinzipiell
ESG-Investments, also Kapitalmarktanlagen, bei denen die Aspekte Environment,
Social und Governance großgeschrieben werden. Dabei geht es zum einen generell
darum, wie sich diese Anlageklasse in der Krise im Vergleich mit ihren
konventionellen, also Nicht-ESG-Investments hinsichtlich der Performance
schlägt. Zum anderen geht es aber auch darum, wie stark das "S", also das
Soziale von Institutionen betont und in der Krise - und verständlicherweise auch
noch danach - gelebt wird.
Das "S" betrifft natürlich nicht nur supranationale Emittenten oder
multilaterale Förderinstitutionen, sondern vor allem auch jene Banken und
Unternehmen, die sich einer ESG-Ausrichtung verschrieben haben. Oftmals geschah
das ja in Zeiten von eitel Sonnenschein. Nun muss sich in der aktuellen Krise
zeigen, inwieweit solche Strategien bzw. ESG-Programme eben auch noch weiter
umgesetzt werden und wie sie nach der Krise um die Erfahrungen der Krise
adjustiert werden.
Diverse Assetmanager haben bereits signalisiert, dass sie sehr genau darauf
achten werden, wie es um diese sozialen Aspekte in börsennotierten Unternehmen
und Banken bestellt ist. Dabei geht es um sehr viele Fragen. Wie wurde beim
Lockdown mit der Belegschaft umgegangen? Wie sieht es bei Homeoffice-Angeboten,
Kinderbetreuungen, technischem Equipment etc. aus. Was wurde alles unternommen,
um Stellen zu sichern? Wer stellte die Herstellung auf in der Krise benötigte
Produkte um, um zu helfen, aber eben auch Arbeitsplätze zu erhalten? Wie wird
beim Wiederhochfahren der Produktion auf soziale Belange geachtet und geholfen?
Wer genehmigt sich große Boni, der vorher Kurzarbeit einführte und Mitarbeiter
entließ? Das sind nur einige Aspekte, die Assetmanager im Blick haben, wenn es
später eben auch wieder um die Frage geht, kann diese oder jene Aktie eines
Unternehmens gekauft werden, wenn es um die konsequente Einhaltung von
ESG-Standards geht.
Eines ist vollkommen klar: Unternehmen, die jetzt die ESG-Agenda der Firma auch
täglich vorleben und in sozialer Hinsicht nicht mit Enttäuschungen aufwarten,
werden bei Assetmanagern punkten. Sie zählen dann zweifelsohne zu den Gewinnern
in Sachen "S" von ESG, aber auch der Unternehmensführung. Solche Aktien werden
sich aller Voraussicht nach dann auch eher auf den Kauflisten wiederfinden, die
Performance sollte tendenziell besser ausfallen als bei solchen Unternehmen, die
hier nicht überzeugen konnten. Auch deren Anleihen sollten am Markt besser
abschneiden.
In der Tendenz lässt sich das heute schon ablesen: ESG-Investments kommen recht
gut durch die Coronakrise und schneiden performancemäßig Berichten zufolge
besser ab als ihre Nicht-ESG-Pendants. Und das Geld, um solche sozialen
Erfordernisse finanzieren zu können, die sich aus der Covid-19-Krise ergeben,
lässt sich über den Markt besorgen - zum Beispiel über Covid-19-Repsonse-Bonds.
Nach Daten von IGM hat bislang aber weltweit im Euro oder im Dollar noch kein
einziges Unternehmen einen solchen Bond emittiert. Mal sehen, welches
Unternehmen der Debütant am Markt für Covid-19-Bonds wird.
(Börsen-Zeitung, 20.06.2020)
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