23.05.2022 20:29:38

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Brüsseler Zeitkäufer, Kommentar zu den EU-Haushaltsregeln von Andreas

Heitker

Brüssel (ots) - Die EU-Kommission hat eigentlich nur wenig überzeugende Gründe

dafür, die Haushalts- und Schuldenregeln ein weiteres Jahr auf Eis zu legen.

Natürlich sind Unsicherheiten und Risiken hoch, weil niemand den weiteren

Kriegsverlauf in der Ukraine und seine Folgen für die europäische Wirtschaft

wirklich vorhersagen kann. Aber die Kommission selbst hat erst in der

vergangenen Woche ein noch einigermaßen solides Wachstum für dieses und nächstes

Jahr prognostiziert. Die heutige Situation ist damit in keiner Weise mit den

Pandemie-Jahren 2020 und 2021 vergleichbar, als die "allgemeine Ausweichklausel"

die ersten Male gezogen wurde.

Auch das Argument mit den hohen Investitionen, die für die grüne Transformation

und die Energiewende notwendig werden, zieht nicht recht. Denn dieser Bedarf ist

2024 nicht verschwunden. Und 2025 auch noch nicht. Der Umbau von Wirtschaft und

Energieversorgung ist ein Langzeitprojekt, das nicht mit einer kurzfristigen

Regelaussetzung gelöst werden kann.

Und dass jetzt die Zinsen wieder beginnen zu steigen, macht den Vorschlag der

Brüsseler Behörde noch schwieriger. Die Schuldentragfähigkeit zu erhalten,

dürfte bei den hoch verschuldeten Ländern in Zukunft wieder verstärkt in den

Fokus rücken. Allein in der Eurozone hatten 2021 ja sieben Staaten

Verschuldungsquoten von mehr als 100 Prozent der Wirtschaftskraft.

Was allerdings dafür spricht, die Budgetregeln auch 2023 noch zu ignorieren, ist

simpel: Die Regeln funktionieren in der heutigen Form einfach nicht mehr. Schon

seit längerem wird eifrig um eine Reform gestritten. Und es wäre gut, mögliche

Verbesserungen erst einmal festzuzurren, bevor man aus Prinzip erst einmal

wieder auf das bisherige Gerüst zurückgreift.

Über einige Punkte besteht ja mittlerweile durchaus Einigkeit: Die Regeln müssen

radikal vereinfacht werden. Sie dürfen keine prozyklische Wirkung mehr

entfalten. Die Anpassungspfade bei einer zu hohen Verschuldung sollten neu

austariert werden. Und viel Zustimmung hat es auch schon für eine Anhebung der

60-Prozent-Verschuldungsgrenze und die Einführung einer - wie auch immer

ausgestalteten - Investitionsförderung gegeben.

Der Kriegsausbruch hat die Reformdebatte jäh unterbrochen. Im Sommer will die

EU-Kommission hierzu nun konkrete Gesetzesvorschläge vorlegen. Doch die Einigung

hierauf wird noch Zeit brauchen. Mit der Aussetzung der Regeln auch 2023 kauft

die Kommission nun zusätzliche Zeit. Die EU-Staaten sollten diese auch nutzen.

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