08.03.2022 19:37:38
|
OTS: Börsen-Zeitung / Brüsseler Ambitionen, Kommentar zur Energiepolitik von ...
Brüsseler Ambitionen, Kommentar zur Energiepolitik von Andreas Heitker
Frankfurt (ots) - Über eine Diversifizierung der Gasimporte wird in Europa schon
viele Jahre diskutiert. Immer wieder gab Russland selbst den Anstoß dafür - mit
dem Georgien-Krieg, Lieferstopps in die Ukraine oder der Krim-Annexion. Nur
passiert ist bislang in der EU nichts. Im Gegenteil: Nordstream-Pipelines wurden
gebaut, und seit 2009 haben sich die Gaslieferungen aus Russland in die EU mehr
als verdoppelt. Erst jetzt, angesichts der russischen Aggression in der Ukraine,
scheint es erstmals einen ernsthaften Versuch zu geben, sich aus der
Energieabhängigkeit vom Kreml zu verabschieden - und dies zum Glück so schnell
wie möglich.
Die EU-Kommission rechnet damit, dass das Maßnahmenpaket, das sie zu diesem
Zweck am Dienstag vorgelegt hat, schon bis Jahresende den Bedarf an russischen
Erdgaslieferungen um zwei Drittel senkt. Dies ist äußerst ambitioniert
gerechnet. Ob tatsächlich der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren wie
veranschlagt gelingt, ob tatsächlich Biogas und Wasserstoff in der erhofften
Menge zur Verfügung stehen, ob tatsächlich das große Klimapaket "Fit for 55" wie
vorgeschlagen umgesetzt wird oder ob tatsächlich andere Gasproduzenten zu
vernünftigen Bedingungen bereit sind, Importe aus Russland zu ersetzen - hinter
all dies sollte man zumindest ein paar Fragezeichen setzen.
Wichtig ist aber etwas anderes: Immer wieder wurde in der Energiepolitik das
Credo hochgehalten, Änderungen seien nur langfristig möglich. Diese Gewissheit
gilt in Bezug auf die russischen Gasimporte jetzt nicht mehr. Auch die
Internationale Energieagentur (IEA) hat in der vergangenen Woche schon
vorgerechnet, dass die EU Putins Gaslieferungen innerhalb eines Jahres um
immerhin ein Drittel senken könnte.
Die Ansätze waren ähnlich wie nun bei der EU-Kommission: mehr Alternativen wie
LNG nutzen, den Gasverbrauch durch mehr Energieeffizienz verringern, mehr
Wärmepumpen, mehr Solarpanels auf den Hausdächern und eventuell auch noch - wo
möglich - mehr heimische Produktion. Es gibt auch noch andere nationale
Analysen, wie etwa von einem Thinktank, der erwartet, dass Italien kurzfristig
die Hälfte seiner russischen Gasimporte ersetzen könnte.
Es geht doch. Die Energieabhängigkeit war immer die offene Flanke in der
Sanktionspolitik gegen Russland. Die EU-Kommission hat jetzt Vorschläge
vorgelegt, diese zu schließen. Die Staats- und Regierungschefs sollten sich auf
ihrem informellen Gipfel diese Woche auf eine schnelle Umsetzung einigen.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069-2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5165809
OTS: Börsen-Zeitung
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!