06.08.2018 20:36:41

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Börsen-Zeitung: Zitterpartie, Kommentar zu Linde/Praxair von Stefan

Kroneck

Frankfurt (ots) - Das Drama um die Fusion von Linde und Praxair

steuert auf einen Höhepunkt zu. Zwei Jahre nach Aufnahme der

Verhandlungen droht dem Zusammenschluss zwischen dem Münchner

Industriegasekonzern und seinem US-amerikanischen Wettbewerber kurz

vor dem Ziel das Aus.

Wie das Dax-Mitglied warnte, kann das Vorhaben an Nachforderungen

der amerikanischen Kartellwächter scheitern. Nimmt man die

Kursreaktion als Maßstab, haben die Anleger ihr Urteil nach der

überraschenden Nachricht vom Wochenende längst gefällt: Die Fusion

ist geplatzt. Am Montag, 33 Stunden nach der Ad-hoc-Meldung, brach

die Linde-Aktie zeitweise um 10 Prozent ein.

Die Investoren räumen beiden Unternehmen nur noch recht geringe

Chancen ein, die US-Kartellbehörde mit weiteren Zugeständnissen zu

überzeugen. Aufgrund selbst gesteckter Schmerzgrenzen für

Kartellauflagen ist der Spielraum für das Duo begrenzt. Zugleich

läuft ihnen die Zeit davon, müssen doch bis zum 24. Oktober alle

zuständigen Wettbewerbsaufseher zustimmen.

Doch die Linde-Verwaltung - und insbesondere der

Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Reitzle - wird wohl nicht so

schnell die Flinte ins Korn werfen. Schließlich steht für den

ehemaligen Konzernchef ein "Lebenswerk" auf dem Spiel, ist er doch

eine der treibenden Kräfte für diese Allianz. Reitzle setzte sich

bisher gegen viele Widerstände durch. Insofern könnte sich eine

Zitterpartie um die Fusion anbahnen, in der sowohl der deutsche als

auch der amerikanische Konzern bemüht sein dürfte, doch noch die

Kurve zu bekommen.

Gelingt ihnen dies aber nicht, wären Reitzles Tage an der Spitze

des Kontrollgremiums gezählt. CEO Aldo Belloni war ohnehin nur mit

dem Ziel angetreten, die Fusion durchzuboxen. Dann wäre auch der

Italiener als Konzernchef kaum noch zu halten.

Eine Führungskrise wäre für Linde zwar ein herber Rückschlag, aber

verkraftbar. Schließlich geht es dem Unternehmen gut. Und zwar so

gut, dass Reitzles eigentliches Ziel, mit einem Zusammenschluss Linde

noch profitabler zu machen, an Gewicht verloren hat, wie man an den

Halbjahreszahlen ablesen kann. Der Konzern hat sich an das noch

höhere Renditeniveau von Praxair herangearbeitet.

Zum Überleben braucht Linde die Amerikaner sowieso nicht. Das

Unternehmen ist groß genug, um weiter allein gut klarzukommen.

Deshalb hätte Linde im Falle eines Scheiterns der Fusion mit Praxair

letztendlich vor allem eines verloren: wertvolle Zeit.

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