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10.11.2015 20:40:39

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Börsen-Zeitung: Wir schaffen das, Kommentar zum Verhältnis

Großbritannien/EU von Andreas Hippin

Frankfurt (ots) - David Cameron hat sich von dem im

Gründungsvertrag der Europäischen Union festgeschriebenen "Prozess

der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas"

verabschiedet. In einem Schreiben an den EU-Ratspräsidenten Donald

Tusk stellte der britische Premier klar, dass sich Großbritannien

diesem Ideal nicht mehr verpflichtet fühle. Sein Motto jetzt: So viel

Europa wie nötig, so viel nationale Selbstbestimmung wie möglich.

Eine reformierte EU, wie Cameron sie sich vorstellt, hätte mit dem

Brüsseler Apparat, wie wir ihn heute kennen, nicht mehr viel zu tun.

Die Bereitschaft dazu, sich mit Camerons Forderungen ernsthaft

auseinanderzusetzen, ist bei dessen Funktionsträgern entsprechend

gering.

Wir schaffen das, lautete dagegen, kurz zusammengefasst, die

Antwort von Königin Angela, als deren ungezogener Neffe Cameron ein

Jahr zuvor verlacht worden war. Sie will offenbar nicht schuld daran

sein, wenn die zweitgrößte EU-Volkswirtschaft der Staatengemeinschaft

den Rücken kehrt, und setzt auf Gespräche. In Berlin weiß man, dass

Cameron die Brüssel-Gegner aus der eigenen Partei im Nacken sitzen,

die eine härtere Gangart verlangen. Ohne sie käme er nicht auf eine

Mehrheit im Unterhaus. Da bleibt wenig Spielraum für einen Kurs, der

dem Denken des überzeugten Europäers vielleicht eher entsprechen

würde. Cameron muss einen Erfolg seiner Reformbestrebungen vorweisen

können, um sich vor dem bis Ende 2017 versprochenen Referendum für

einen Verbleib in der EU stark machen zu können.

Europa übt derzeit keine allzu große Anziehungskraft auf die

Briten aus. Die Griechenlandkrise ist noch nicht ausgestanden, da

droht eine Linksregierung in Portugal die mühsam aufrechterhaltenen

Verhältnisse erneut in Frage zu stellen. Katalonien will unabhängig

werden, was neue Fragen nach dem Verbleib Schottlands im Vereinigten

Königreich weckt. Das eigentliche Thema der Debatte ist jedoch die

Angst vor unkontrollierter Zuwanderung, die von den Bildern von

Straßenschlachten zwischen Migranten und der Polizei in Calais noch

verstärkt wird. Hinter den weißen Klippen von Dover fürchtet man,

schlichtweg überrannt zu werden - auch von EU-Bürgern, die es aus den

osteuropäischen Armutsregionen nach Großbritannien zieht. Cameron

will ihnen nun erst nach frühestens vier Jahren Zugang zu den

Leistungen des Wohlfahrtsstaats einräumen.

Werden allzu viele seiner Forderungen abgeschmettert, heißt es

demnächst aus London: Wir schaffen das auch ohne euch.

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