21.03.2016 20:39:39

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Börsen-Zeitung: Weckruf für die EZB, Kommentar zur Vermögensverteilung

von Stefan Lorz

Frankfurt (ots) - Die unkonventionelle Geldpolitik der

Europäischen Zentralbank (EZB), mit der sie die Verbraucher zu mehr

Konsum verführen und die Banken zu einer höheren Kreditvergabe

zwingen will, läuft weitgehend ins Leere. Zumindest bei den deutschen

Privathaushalten verpuffen die Impulse regelrecht, wie eine neue

Studie der Bundesbank zeigt. Weder kommen sie dort über eine erhöhte

Kreditvergabe an, noch verändern sie das Konsumverhalten. Im

Gegenteil: Die Sorgen wegen der zinsbedingt zunehmend kritischen Lage

in den Altersvorsorgesystemen drängt die Menschen zu noch größeren

Sparanstrengungen. Zugleich werden sie ob des experimentellen

Charakters der eingesetzten Instrumente (Negativzinsen!) stark

verunsichert, was ihren Attentismus noch verstärkt.

Obendrein sorgt die EZB in bisher nicht gekanntem Maße dafür, dass

die deutsche Gesellschaft immer ungleicher wird, was die Wirksamkeit

der Geldpolitik für sich genommen ebenfalls beeinträchtigt. Verlierer

sind die Altersvorsorgesparer, die traditionellerweise reine

Zinsprodukte bevorzugen. Zu den Gewinnern zählen die meist ohnehin

schon vermögenden Schichten, die schon immer mehr auf Aktien und

Immobilien setzen (können). Aus den Bundesbankdaten lässt sich das

nur deshalb noch nicht direkt herauslesen, weil die Effekte erst nach

der Befragung 2014 so richtig eingetreten sind. Zudem erfasst die

Studie die Superreichen nicht, die von der Geldpolitik besonders

profitieren.

Dass die Ungleichheit in Deutschland höher ausfällt als im

europäischen Umfeld, beklagt die Bundesbank selber. Der Mittelwert

der deutschen Haushaltsvermögen liegt mit 214.500 Euro so dramatisch

weit weg vom Medianwert in Höhe von 60.400 Euro, dass die Klage von

der Abkopplung weiter Teile der Gesellschaft durchaus berechtigt

erscheint. Die untergräbt die Akzeptanz für unser Wirtschaftssystem,

was sich dann auch im politischen Stimmverhalten niederschlägt.

Eingedenk dessen sollten die Notenbanken den

Umverteilungswirkungen ihrer Geldpolitik schon im eigenen Interesse

künftig mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie das bisher getan haben.

Und die Politik muss sich mehr Gedanken über die Ursachen der

Entwicklung machen, ohne gleich reflexhaft eine neue

Umverteilungsdebatte vom Zaun zu brechen. Denn womöglich sind die

treibenden Kräfte der Entwicklung nicht in einem Zuwenig an

Umverteilung zu suchen, sondern vielmehr in einer verfehlten

Bildungspolitik und einer zu großen Offenheit gegenüber

Lobbyinteressen.

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