20.06.2017 20:36:41

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Börsen-Zeitung: Wahnsinn mit Methode, Kommentar zu Argentiniens

Bondmarktauftritt von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots) - Ausgerechnet Argentinien. Das Land, das 2001 mit

einem Volumen von mehr als 100 Mrd. Dollar die bislang größte

Staatspleite hinlegte, hat sich mit einer hundertjährigen Anleihe an

den Kapitalmarkt getraut. Doch was auf den ersten Blick wie eine

waghalsige Kommandoaktion wirkt, ist in Wirklichkeit gar keine. Wie

bei vielen höher rentierlichen Anleihen zurzeit üblich, wurde auch

dieses Papier dem Emittenten förmlich aus den Händen gerissen.

Argentinien ist erst das vierte Land, das eine Hundertjährige

emittiert hat. Die Investoren überschütteten das Land bei einem

Volumen von 2,75 Mrd. Dollar mit Orders über rund 10 Mrd. Dollar, so

dass die zunächst avisierte Verzinsung von 8,25 Prozent auf 7,92

Prozent reduziert werden konnte. Das war nur rund ein Prozentpunkt

höher als die laufende Verzinsung der 30-jährigen Dollar-Anleihe des

Landes. Ein Schnäppchen für den argentinischen Staat, der vor wenigen

Jahren von solchen Konditionen nicht einmal hätte träumen können.

Zwar hat sich die Lage in dem Land, dem nach seinem Bankrott 15

Jahre lang der Gang an den Kapitalmarkt versperrt gewesen war,

verändert, und zwar aus Sicht der Finanzmärkte zum Positiven. Seit

Dezember 2015 wird es mit Mauricio Macri von einem marktfreundlichen

Präsidenten regiert. Dennoch sind die sehr hohe Nachfrage nach der

Anleihe und das Resultat dieser Transaktion alles andere als

nachvollziehbar.

Denn der gebotene Zins für den mit der Note "B" tief im

Junk-Bereich verankerten Emittenten ist, wenn man ihn gegen die dafür

einzugehenden Risiken hält, ein Witz, über den die Investoren

vermutlich nicht hundert Jahre lang lachen werden. Die Historie

bietet jedenfalls wenig Anhaltspunkte dafür, dass die Anleihe jemals

zurückgezahlt wird. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1816 ist der

Staat zehnmal pleitegegangen, allein seit 1951 sechsmal. Zuletzt gab

es erst 2014 einen so genannten Selective Default.

Das macht aber nichts, da der Markt angesichts des extrem

niedrigen Zinsniveaus auch ein entsprechend selektiv arbeitendes

Gedächtnis zu haben scheint. Anders ausgedrückt: In ihrer

Verzweiflung angesichts der extrem niedrigen Zinsen greifen die

Investoren nach allem, was höhere Renditen auf dem Papier hat und bei

drei nicht auf den Bäumen ist. Die ultralockere Geldpolitik und die

Spekulation, dass Zentralbanken und Regierungen es im Notfall schon

irgendwie richten werden, treibt die Investoren auf eine immer

absurder werdende Art und Weise ins Risiko.

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