08.09.2016 20:32:40

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Börsen-Zeitung: Vertagt, Kommentar zur Europäischen Zentralbank von

Mark Schrörs

Frankfurt (ots) - Das hat den nach Zentralbankliquidität süchtigen

Finanzmärkten aber mal so gar nicht geschmeckt: EZB-Präsident Mario

Draghi widerstand gestern nicht nur - zu Recht - der Verlockung,

bereits jetzt eine Verlängerung des Wertpapierkaufprogramms

Quantitative Easing (QE) über März 2017 hinaus zu verkünden. Er

zeigte sich auch sonst - ungewohnt - eher zurückhaltend. Nun ist

Draghi zwar sicher nicht über Nacht zum geldpolitischen "Falken"

geworden und eine QE-Verlängerung erscheint nach wie vor sehr

wahrscheinlich. Im besten Fall aber war das ein Signal an bzw. ein

Weckruf für die Marktteilnehmer: Es gibt nicht immer automatisch

mehr, mehr, mehr, nur weil diese das einfordern oder darauf wetten.

Für eine QE-Verlängerung spricht dennoch schon allein, dass die

Europäische Zentralbank (EZB) kaum wird Marktunruhe riskieren wollen,

die droht, wenn sie die Käufe abrupt beendet. Dadurch, dass sie sich

nun mindestens bis zur Oktober-, vielleicht gar bis zur

Dezember-Sitzung Zeit gekauft hat, wird diese Entscheidung aber

wenigstens unter anderen Vorzeichen stehen: Denn bis zum

Jahreswechsel sollte die Euro-Inflation von 0,2 Prozent in Richtung

1,0 Prozent klettern. Dann müsste das überzogene Gerede über

Deflationsgefahren ad acta gelegt sein. Die EZB sollte dann mit mehr

Zuversicht agieren - und auch den Exit mitdenken. Absurde Ideen wie

die des Helikoptergelds oder neue Abenteuer wie den Kauf von Aktien,

auf die aktuell mancher spekuliert, braucht es sicher nicht.

Die Vertagung der Verlängerung, die sicher teils auch dem Umstand

geschuldet ist, dass damit heikle Fragen zu zentralen QE-Regeln zu

klären sind, hat zwar auch den positiven Nebeneffekt, dass der Druck

auf die Euro-Staaten erhöht wird, endlich mit Reformen ihren Beitrag

zum Wachstum zu leisten. Allzu große Hoffnung aber sollte niemand

haben: Angesichts des Italien-Referendums Ende 2016 und der Wahlen in

Frankreich und Deutschland 2017 sind große Würfe leider kaum zu

erwarten.

Für die EZB stellt sich dann aber die Frage, ob sie wirklich umso

mehr tun will - so wie es Notenbanker Benoît Coeuré jüngst avisiert

hat. Natürlich hat sie ihr Mandat und ihr Ziel - mittelfristig 2,0

Protent Inflation. Aber sie darf die zunehmenden Gefahren ihrer

Politik nicht ignorieren. Und das übrigens eben auch mit Blick auf

das Ziel selbst: Denn wenn die EZB zu immer riskanteren Instrumenten

greift, um auf Teufel komm raus die 2,0 Prozent zu erreichen, dabei

aber die Saat für neue Finanzexzesse legt, hat sie nichts gewonnen:

Wie schnell es mit der Preisstabilität vorbei ist, wenn es keine

Finanzstabilität gibt - das hat die Weltfinanzkrise sehr

eindrucksvoll gelehrt.

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