11.10.2017 20:50:41

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Börsen-Zeitung: Rajoy macht Ernst, Kommentar zu Katalonien von Thilo

Schäfer

Frankfurt (ots) - Das Tempo im Konflikt um Katalonien nimmt zu.

Der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont hatte in einer

zweideutigen Erklärung am Dienstagabend im Parlament von Barcelona

gesagt, dass Katalonien infolge des Ergebnis des illegalen

Referendums vom 1.Oktober eine unabhängige Republik sein werde. Doch

wurde die formale Ausrufung des eigenen Staats erst einmal

verschoben. Damit wollte Puigdemont Zeit gewinnen, Zeit für "den

Dialog" und wohl in der vagen Hoffnung, dass im allerletzten Moment

doch noch die Kavallerie aus Brüssel zu Hilfe kommt. Doch Spaniens

Ministerpräsident Mariano Rajoy hat dem Plan der Separatisten einen

Strich durch die Rechnung gemacht. Die Regierung in Madrid fordert

von Puigdemont eine formale Aufklärung darüber, ob man in Katalonien

nun die Unabhängigkeit erklärt habe oder nicht. Dies ist der erste

notwendige Schritt zur Aktivierung von Artikel 155 der Verfassung,

der die Aussetzung der Autonomieregierung ermöglicht.

Beide Kontrahenten haben also ihre Waffen gezogen, doch noch wagt

keiner, zu schießen. In dieser Situation ist die Hoffnung auf

konstruktive Gespräche zwischen beiden Seiten abwegig. Es geht

mittlerweile auch nur noch darum, wer am Ende besser aus der Krise

herauskommt und wer das Gesicht verliert. Es geht um das Image

gegenüber dem Ausland und den Wählern im Lande. Um den mit enormen

Risiken verbundenen Schritt des Artikels 155 zu gehen, müsste

Puigdemont der Regierung in Madrid schon einen handfesten Grund

geben. Die unzweideutige, formelle Anerkennung, dass für die

Separatisten am Ende dieses Prozesses so oder so die Unabhängigkeit

stehen wird, wäre ein solcher Grund. Im Ausland hätte man in diesem

Fall wohl Verständnis dafür, dass der Staat Puigdemont und seine

Mitstreiter absetzt, die Regierungsgeschäfte in Katalonien übernimmt

und wahrscheinlich Neuwahlen ausruft. Rajoy hat sich für diese

radikale Maßnahme die Unterstützung der Sozialisten und der liberalen

Ciudadanos gesichert und stützt sich damit auf eine breite Mehrheit

im Parlament.

Nun liegt der Ball wieder im Feld von Puigdemont. Bei aller

Kreativität, welche die Separatisten bislang an den Tag gelegt haben,

scheint es ihnen kaum möglich, sich aus Rajoys Ultimatum

herauszuwinden. Puigdemont muss die Karten auf den Tisch legen und

klar sagen, ob die Unabhängigkeit für die Separatisten überhaupt noch

verhandelbar ist. Er könnte aber auch die Flucht nach vorne antreten

und selbst Neuwahlen einberufen.

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