01.06.2017 20:56:40

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Börsen-Zeitung: Präzedenzfall, Kommentar zur Bankenabwicklung von

Bernd Neubacher

Frankfurt (ots) - Zufälle gibt es, die gibt es ja gar nicht: Da

winkt die EU-Kommission den Plan der italienischen Regierung zur

Rettung der Skandalbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) durch, doch

kurz bevor die Einigung publik wird, lanciert eine anonyme Quelle,

die EU-Abwicklungsbehörde Single Resolution Board (SRB) wolle

Spaniens Banco Popular womöglich abwickeln. Die Botschaft: Der SRB

ist gar nicht so zahnlos, wie es im Fall MPS auf jedermann wirken

muss.

Wem eine solche Steuerung des Nachrichtenflusses nützt, liegt auf

der Hand - gewiss nicht SRB-Chefin Elke König, die sich der Gefahren

sich selbst erfüllender Prophezeiungen im Zuge von Bankensanierung

und Abwicklungsprozessen in jedem Fall eher bewusst ist als mancher

Akteur in Brüssel, und gewiss auch nicht dem Management des Banco

Popular, dessen Aktienkurs am Donnerstag um rund ein Fünftel

einbrach.

Diese Debatte kann den Blick auf eines nicht verstellen: dass die

EU mit dem einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus SRM gerade erst

ein neues Instrument geschaffen hat, um Eigentum und Haftung wieder

in einen Zusammenhang zu bringen, und nun bei erster Gelegenheit

alles tut, um zu verhindern, dass es zum Einsatz kommt. Wenn die

Abwicklung ein Institut zu Recht träfe, dann MPS, die, bevor faule

Kredite und dubiose Derivategeschäfte sie an die Wand drückten,

Kleinanleger beim Verkauf nachrangiger Schuldverschreibungen über den

Löffel balbierte und, nachdem sie allein seit 2008 rund 12 Mrd. Euro

an Eigenkapital aufgenommen hatte, ohne dass dies ihre Misere beendet

hätte, Ende 2016 dann den Zugang zu Eigenkapitalgebern verlor.

Dieser Präzedenzfall einer Rettung auf dem Wege der "vorsorglichen

Rekapitalisierung", welche in der EU-Bankenabwicklungsrichtlinie für

Ausnahmefälle vorgesehen ist, dürfte Schule machen, zumal dieses

Verfahren es erlaubt, die Abwicklungsbehörde komplett außen vor zu

lassen. Wo ein politischer Wille ist, ist ein Weg, zumal wenn sich

ein EU-Mitgliedsland auf Wahlen vorbereitet. Und Banken mit Problemen

hat Italien ja genug.

Ob damit auch die Hoffnung regionaler Problembanken wie Banca

Popolare di Vicenza berechtigt ist, auch auf Staatskosten

herausgepaukt zu werden, steht dahin. Um die Politik zu mobilisieren,

braucht ein Institut eine gewisse Größe, wohl mehr als eine

Bilanzsumme von knapp 40 Mrd. Euro wie Popolare di Vicenza, sondern

besser 150 Mrd. Euro wie MPS. Durch diese Politisierung des

Abwicklungsprozesses perpetuiert die EU das Too-big-to-fail-Problem,

das sie bei seiner Einführung zu lösen vorgegeben hat.

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