12.12.2017 20:36:40

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Börsen-Zeitung: Neue Spielregeln, Kommentar zu Ryanair von Heidi Rohde

Frankfurt (ots) - In der europäischen Luftfahrtbranche werden die

Karten neu gemischt. Dabei hat ausgerechnet Ryanair das schlechteste

Blatt erwischt und die Konkurrenz hat plötzlich alle Trümpfe in der

Hand. Dass insbesondere die Lufthansa bei Air Berlin den Joker

gezogen und auch bei einer Übernahme von Alitalia-Assets gute Karten

hat, ist indes nicht etwa nur die Folge eines "abgekarteten Spiels",

mit dem der Expansionsdrang des Low Cost Carrier ausgebremst werden

soll. Stattdessen zeigt sich immer deutlicher, dass Ryanair ihr Blatt

überreizt hat.

Die Iren haben ihr rasantes Wachstum seit Jahren über ihre

überragende Preis- und Kostenführerschaft vorangetrieben, wobei der

Abstand der Lohnstückkosten im Vergleich zum Wettbewerb besonders

deutlich ist. Das gilt nicht nur im Vergleich zu großen Netz-Carriern

wie der Lufthansa, sondern sogar mit Blick auf

Billigflieger-Konkurrenten wie Easyjet oder Norwegian. Dabei spielten

bisher sowohl die höhere Produktivität als auch Gehälter, die 40

Prozent unter denen von Easyjet lagen, die entscheidende Rolle.

Beide Vorteile drohen Ryanair aus der Hand zu gleiten. Die

Gesellschaft ist bei ihrem Expansionskurs übers Ziel

hinausgeschossen. Das belastet die Produktivität. Es fehlen zunehmend

die Ressourcen, vor allem Crews und Piloten. Im September musste

Ryanair deshalb Tausende Flüge streichen. Die Mitarbeiter haben ihre

Chance erkannt. Sie fordern nicht nur eine deutlich bessere

Bezahlung, sondern wollen diese auch durch gewerkschaftliche

Vertreter verhandeln lassen und damit Ryanair zur Anerkennung von

offiziellen Tarifpartnern zwingen. Dadurch müsste der Billigflieger

künftig nach neuen Spielregeln spielen, und zwar solchen, wie sie

viele Wettbewerber schon seit langem beachten müssen. Dies könnte das

Wettbewerbsumfeld à la longue nachhaltig verändern.

Die Ryanair-Aktionäre, die der Vorstand nach den Flugausfällen vom

September mit einer Bestätigung der Jahresziele mühsam bei Laune

gehalten hat, müssen sich darauf einstellen, dass sich die

superfetten Jahre dem Ende zuneigen. Deshalb drohen nicht gleich

magere Zeiten, denn die Luftfahrt bleibt ein wachsender Markt.

Allerdings kann auch Ryanair nicht auf Dauer einen Stakeholder im

Unternehmen derart bevorzugen, indem sie einen anderen drückt. Die

Mitarbeiter wurden kurzgehalten, damit die Gewinne sprudeln. Sie

fordern nun höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Die Chancen

dafür stehen gut - allen voran für die Piloten, denn ein

branchenweiter Mangel an Flugzeugführern treibt hier auch die Preise.

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