07.04.2016 20:55:39

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Börsen-Zeitung: Nee, Kommentar zur Europäischen Union von Bernd

Wittkowski

Frankfurt (ots) - Ist das "der Anfang vom Ende der EU", wie der

niederländische Rechtspopulist Geert Wilders angesichts der Ablehnung

des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der

Ukraine durch eine klare Mehrheit beim Referendum in seinem Land

frohlockt? Falsch könnte seine Analyse vor allem sein, was den

"Anfang" angeht - der liegt nämlich weiter in der Vergangenheit bei

den Ursachen der Entwicklung, die jetzt zum "Nee" in unserem

westlichen Nachbarland, aber zur Euro(pa)verdrossenheit auch in

etlichen anderen Mitgliedstaaten geführt hat.

Mit dem absehbaren Ende dagegen könnte Wilders durchaus Recht

behalten. Noch scheint der "Nexit", auf den die Initiatoren der

Volksabstimmung letztlich zielen - der EU-Ukraine-Vertrag war nur

Mittel zum Zweck -, zwar relativ weit weg zu sein. Doch die

Einschläge werden mehr und kommen dem Kern der EU und Eurolands näher

- die Niederlande gehörten schließlich in den fünfziger Jahren zu den

sechs Gründungsmitgliedern der Europäischen Gemeinschaften.

Und wie viele Brexits, Nexits, Grexits und sonstige Ausstiege

könnte und wollte sich Europa denn leisten? Wobei nicht erst die

unverkennbaren Auflösungserscheinungen selbst, sondern schon die

ständigen, ermüdenden Diskussionen über das Auseinanderdriften

desintegrierend wirken. Sie drohen den fatalen Prozess der Lockerung

des Zusammenhalts zu verstärken und zu beschleunigen. Bei wem kommt

denn heute wirklich ungetrübte Freude auf, wenn er an Europa, die

Freiheiten des Binnenmarktes für Arbeitskräfte, Waren,

Dienstleistungen und Kapital, einen Raum mit buchstäblich

grenzenloser Reisefreiheit oder die gemeinsame Währung denkt? Wer hat

noch das "Friedensprojekt Euro" im Sinn? Die Niederlande sind

beileibe kein Einzelfall. Abschottungstendenzen in Osteuropa weisen

ebenso in die gleiche Richtung wie tendenziell die Ergebnisse der

jüngsten Kommunal- und Landtagswahlen in Deutschland.

Wundern muss man sich darüber nicht. Die Regierungen in

zahlreichen europäischen Hauptstädten haben den Bürgern mit einer

verfehlten Politik des Tolerierens von Alleingängen, Missständen

sowie Vertrags- und Gesetzesbrüchen die früher durchaus spürbare

Euro(pa)begeisterung regelrecht ausgetrieben. Die großen Europäer

Deutschland und Frankreich waren übrigens die ersten, die den

Stabilitätspakt unterminierten. Was in der Euro- respektive

Staatsschuldenkrise offenbar wurde, setzte sich in der

Migrationskrise fort: die Missachtung des Rechts. So kann kein

Vertrauen in Europa und in den Euro wachsen.

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