15.05.2015 20:10:39

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Börsen-Zeitung: Konsolidierungsmodus, Marktkommentar zur

Zinsentwicklung von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Der Renditeanstieg, der sich seit Ende April am

europäischen Rentenmarkt vollzogen hat, ist beeindruckend. Warfen

zehnjährige Bundesanleihen am 29. April im Tagestief noch 0,17% ab,

konnte am 7. Mai am vorläufig höchsten Punkt dieses Jahres kurzzeitig

fast das Fünffache eingestrichen werden, nämlich 0,80%. Die

prozentualen Steigerungsraten sind natürlich enorm und fallen noch

stärker aus, wenn man sie auf den Tiefpunkt dieses Jahres bezieht.

Das Rekordtief der zehnjährigen Bundrendite wurde am 17. April mit

0,049% markiert. Nur sollte man in diesem Zusammenhang auch den hier

wirkenden Basiseffekt berücksichtigten. Beachtlich sind auch die

Tagesschwankungen, die beim Bund-Future fast 250 Ticks erreichten.

Das sind die höchsten Bewegungen gewesen, seitdem es dieses

Zinsinstrument gibt. Eingeführt wurde es an der Deutschen Terminbörse

im Januar 1990. Für diese heutigen Tagesbandbreiten hat man früher

Wochen gebraucht.

Die Aufwärtsbewegung der Sätze fand an der Bundrenditekurve im

Bereich der siebenjährigen Laufzeit statt. An diesem Punkt hatte

zuvor auch der kräftige Renditeabstieg der langen Laufzeiten

begonnen, als nämlich immer mehr Anleger von den kurzen Laufzeiten in

die längeren Fristigkeiten wechselten. Auffällig ist auch, dass die

Bundrenditestrukturkurve derzeit fast exakt wieder den Verlauf und

das absolute Niveau von Anfang des Jahres erreicht hat. Es gibt nur

noch minimale Abweichungen an einzelnen Laufzeitenpunkten.

Dynamik überrascht

Das Ausmaß dieser Bewegung am langen Marktende und vor allem auch

die Dynamik der Kursveränderungen innerhalb eines Tages haben viele

Marktteilnehmer doch überrascht. Vollkommen klar, sieht man eine

solche Bewegung ja nicht alle Tage. Doch sollten sich die

Marktakteure darauf einstellen, dass solche Volatilitäten mit

derartig extremen Sprüngen nicht mehr die Ausnahme bleiben werden.

Umgekehrt muss aber auch hinzugefügt werden, dass solche Blitz-Crashs

- wie sie gern von vielen genannt werden - dann auch nicht jede Woche

auftreten werden. Hoffentlich, lässt sich hinzufügen.

Am kurzen Ende der Kurve lassen sich immer noch negative Sätze

beobachten. Am Freitag der abgelaufenen Woche waren die

Bundlaufzeiten bis hin zu vier Jahren im negativen Bereich. Erst die

fünfjährigen Bundesobligationen warfen wieder eine positive Rendite

ab. Vor der kräftigen Aufwärtsbewegung waren zeitweise bis hin zu

neun Jahren Restlaufzeit bei den Bundespapieren negative Sätze zu

konstatieren.

Viele Marktteilnehmer wollen derzeit nicht von einem neuen Trend

hin zu höheren Sätzen bei den europäischen Renten sprechen. Sie sehen

vielmehr eine Konsolidierung auf einem historisch nach wie vor doch

recht niedrigen Niveau. Denn Werte um 0,60%, die der Markt derzeit

bei den zehnjährigen Bundesanleihen beobachtet, sind historisch

betrachtet alles andere als auskömmliche Renditen, sondern nach wie

vor ausgesprochen gering - für institutionelle und private Anleger

einfach zu gering.

Knappheitssorgen

Doch man ist gut beraten, wenn man sich auf anhaltend niedrige

Sätze einstellt. Viele Analysten - darunter auch die Zinsexperten der

Commerzbank - weisen darauf hin, dass ein nicht zu unterschätzender

Faktor am Markt weiterhin seine Wirkung zeigen wird. Dabei handelt es

sich um das Bondkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB).

EZB-Chef Mario Draghi hat in der abgelaufenen Woche erneut beteuert,

dass er das Programm bis zum September kommenden Jahres unverändert

durchziehen wird. Viele Analysten sind denn auch der Meinung, dass

eine Tapering-Diskussion kontraproduktiv wäre. Der jüngste

Renditeanstieg hat dazu geführt, dass einige Bonds wieder aus dem

stark negativen Terrain heraus sind. Damit können sie wieder

Gegenstand von Käufen der EZB werden. Auch das muss einmal

berücksichtigt werden. Außerdem werden die anhaltenden Käufe der EZB

dazu führen, dass - nachdem sich die Aufregung um die kräftigen

Renditeanstiege gelegt hat - wieder Knappheitssorgen im Handel

auftauchen werden, wenn die EZB Monat für Monat Anleihen für 60 Mrd.

Euro aus dem Markt herausnimmt.

Diese Käufe in Verbindung mit Knappheitssorgen dürften dazu

führen, dass sich die Renditen wieder zurückbilden. Hinzu kommt, dass

bei weiteren Anstiegen auch die Real Money Accounts - wie Versicherer

oder Pensionsfonds - verstärkt zugreifen werden, um sich vielleicht

0,80% oder 0,90% zu sichern. Allein das bremst den Renditeanstieg

schon wieder ab. Diese Diskussion und Gemengelage könnte schon in

einigen Tagen das Marktgeschehen dominieren.

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