26.06.2015 19:55:39

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Börsen-Zeitung: Jenseits des Griechen-Dramas, Marktkommentar von

Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots) - Kein Thema hat das Geschehen am Aktienmarkt

zuletzt so stark bewegt wie der Verhandlungsmarathon zwischen

Griechenland und den Kreditgebern des Landes. In der gerade

abgelaufenen Woche ging der Dax auf Erholungskurs, getrieben von der

Erwartung, dass es zu einem Kompromiss kommt, der die Kuh zumindest

vorübergehend vom Eis bringt, aber auch von Eindeckungen von

Marktakteuren, die auf eine ausgeprägte Marktschwäche gewettet

hatten. Bei einem Stand von 11.492 Punkten ergab sich zum Schluss ein

Wochengewinn von immerhin 4,1%.

Etwas zu sehr in den Hintergrund gerieten dabei die übrigen und

zum Teil auch wesentlich gewichtigeren Faktoren für den Aktienmarkt,

die ebenfalls Risiken, aber auch Chancen bedeuten. Auch wenn die

Prognosen weiter reduziert werden, so zuletzt durch die Citigroup,

bleibt es dabei, dass sich die Weltwirtschaft auf Wachstumskurs

befindet. Mit Ausnahme Griechenlands gilt dies auch für den Euroraum

und insbesondere für Peripheriestaaten wie etwa Spanien.

Gleichzeitig ist die globale Geldpolitik insgesamt weiterhin im

Lockerungsmodus, darunter in Japan und insbesondere im Euroraum. Auch

in den USA bleibt die Geldpolitik ein stützender Faktor für die

Konjunktur. Die Notenbank Fed steht zwar davor, ihren bei null

liegenden Leitzins zum ersten Mal seit dem Jahr 2006 anzuheben.

Allerdings hat sie klar signalisiert, dass sie dies sehr behutsam und

zudem in der Überzeugung tun wird, dass die amerikanische Wirtschaft

robust genug ist, um das zu verkraften.

Auf die USA kommt es an

Es kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass Wirtschaft,

Finanzmärkte und Geldpolitik der USA für das Wohl und Wehe des Dax

und des Euro Stoxx 50 von wesentlich größerer Bedeutung sind als

Griechenland. Die geldpolitische Wende in den Vereinigten Staaten

bedeutet, dass der Euroraum auch in den kommenden Monaten von einem

niedrigeren und vielleicht auch weiter sinkenden Wechselkurs des Euro

zum Dollar profitieren wird. Zudem wird die Europäische Zentralbank

noch lange den Fuß aufs Gaspedal halten, so dass der Euroraum

außerdem weiterhin von günstigen Finanzierungskosten gestützt wird.

Wie so oft bei großen Wenden ist der Schwenk in der amerikanischen

Geldpolitik jedoch ein zweischneidiges Schwert. Zwar zeigt die

Statistik, dass die Aktienmärkte in der Vergangenheit in der Regel

eben nicht stark unter die Räder geraten sind. Warum auch.

Schließlich finden Zinserhöhungen der Fed in einem Umfeld statt, in

dem die Konjunktur gut läuft und damit auch die Aussichten der

Unternehmensgewinne tendenziell gut sind. Allerdings zeigt die

Vergangenheit auch, dass sich die Marktteilnehmer zumindest auf eine

vorübergehend volatilere Phase einstellen müssen.

Zudem bestehen gewisse Risiken. So wird befürchtet, dass eine

Dollar-Aufwertung bzw. ein höheres US-Zinsniveau zu Kapitalabflüssen

aus den Schwellenländern führen. Turbulenzen an den Emerging Markets,

die außerdem mit dem sinkenden Wachstum Chinas zu kämpfen haben,

würden auch an den Finanzmärkten der Industrieländer zu Irritationen

führen.

Darüber hinaus gehen von der Dollar-Stärke Belastungen für die

Unternehmensgewinnentwicklung in den USA aus. Zwar sind die

Vereinigten Staaten weit weniger außenwirtschaftslastig als Europa.

Die Belastung tritt aber in einer Phase ein, in der die Margen der

amerikanischen Unternehmen ihren Zenit überschreiten. Vor diesem

Hintergrund hat die demnächst startende Quartalsberichtssaison in den

USA ebenfalls das Potenzial, für Marktirritationen zu sorgen.

Potenzielle Risiken gehen auch davon aus, dass die US-Leitzinswende

zu sehr umfangreichen Kapitalbewegungen führen wird. Steigende Zinsen

am mit Abstand wichtigsten Kapitalmarkt der Welt in Verbindung mit

einem weiteren Anstieg der globalen Leitwährung könnten Investoren zu

massiven Umdisponierungen veranlassen.

Gleichzeitig sind aber die Sekundärmärkte durch die regulatorische

Eigenkapitalbelastung des Eigenhandels der Banken ausgetrocknet

worden. Transaktionen müssen in dieser Lage nicht einmal sonderlich

groß sein, um deutliche Marktbewegungen auszulösen. Damit besteht ein

verstärktes Risiko, dass es erneut zu sogenannten Flash Crashs kommt

- nicht weil irgendein besonderes Ereignis eingetreten ist, sondern

weil vielleicht ein paar Investoren zu viel auf einmal beschließen,

das Risiko ihrer Portfolios zu reduzieren, und Orders in einem Umfang

geben, der nicht mehr aufgenommen werden kann.

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