23.09.2016 20:29:40

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Börsen-Zeitung: Hoffen auf Algier, Kommentar zum Ölmarkt von Dieter

Kuckelkorn

Frankfurt (ots) - Wenn sich am Montag und Dienstag die

internationale Ölbranche auf dem International Energy Forum in Algier

trifft, wird es um nicht weniger gehen als darum, wie sich der

Ölpreis in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird. Denn im

Rahmen der Konferenz werden sich die Energieminister der großen Öl

produzierenden Länder treffen. Sie wollen über eine konzertierte

Aktion zur Stützung des Ölpreises entscheiden.

Ähnliche Verhandlungen hatte es schon im April dieses Jahres in

Doha gegeben. Dort waren sie gescheitert, mit dem Ergebnis, dass der

Ölpreis noch einmal kräftig nachgegeben hatte. Diesmal scheinen die

Gespräche zwar besser vorbereitet zu sein. In den vergangenen Wochen

hat es hinter den Kulissen bereits fieberhafte Aktivitäten gegeben,

wobei (fast) jeder mit jedem gesprochen hat. Aber auch diesmal ist

die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass es zur Vereinbarung eines

Maßnahmenpakets kommt, das wirklich in der Lage wäre, den Ölpreis zu

stützen. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Zum einen ist der Konflikt zwischen den beiden

Opec-Schwergewichten Saudi-Arabien und Iran immer noch ungelöst. In

dem Streit zwischen den beiden Ländern geht es um Marktanteile. Der

Iran, der seine Förderung seit dem Ende der Sanktionen aus dem

Atomstreit stark ausgebaut hat, möchte wieder die Position einnehmen,

die er vor dem Streit innehatte. Das Land hat im August schon wieder

3,8 Mill. Barrel pro Tag (bpd) exportiert, womit das Niveau von vor

dem Atomstreit von rund 4 Mill. bpd fast erreicht ist. Die

Exportoffensive des Iran geht vor allem auf Kosten Saudi-Arabiens.

Dementsprechend sind die Saudis geneigt, ihre Marktposition mit allen

Mitteln - sprich niedrigen Preisen - zu verteidigen und den Iranern

gegenüber keine Zugeständnisse zu machen.

Auf der anderen Seite ist Saudi-Arabien aber auf höhere Einnahmen

angewiesen. Das auch im eigenen Land unbeliebte Regime erkauft sich

das Stillhalten der Bevölkerung mit teuren Subventionen, die im Zuge

des Ölpreisverfalls zu einem hohen Haushaltsdefizit geführt haben.

Zudem will das Land in einer großangelegten Offensive die momentan

fast hundertprozentige Abhängigkeit der saudischen Wirtschaft von den

Öleinnahmen verringern und das Land modernisieren. Dazu benötigt das

Regime viel Geld. Eine Finanzierungsmaßnahme ist der geplante

Börsengang des staatlichen Ölkonzerns Aramco. Das Aramco-IPO kann

aber nur dann die gewünschten hohen Summen einspielen, wenn die

Perspektive für den Ölpreis halbwegs ansprechend ist. Dies könnte die

Kompromissbereitschaft der sunnitischen Saudis sogar mit Blick auf

den schiitischen Erzfeind Iran deutlich vergrößern. Für eine Einigung

hätte Saudi-Arabien aber die Kröte zu schlucken, dass der Iran erst

ab einer Fördermenge von 4 Mill. bpd bereit ist, über eine Deckelung

nachzudenken.

Was den Kern der Maßnahmen betrifft, auf die sich die an diesen

Gesprächen teilnehmenden Länder einigen könnten, so dürfte es

lediglich um die erwähnte Deckelung und nicht etwa sogar um eine

Reduzierung der Fördermengen gehen. Daher dürfte sich die Wirkung auf

den Ölpreis von kurzfristigen Ausschlägen abgesehen in Grenzen halten

- zumal die Internationale Energieagentur IEA zuletzt ihre

Erwartungen für das globale Nachfragewachstum deutlich

heruntergeschraubt hat. Ihre Analysten gehen jetzt erst für 2017 und

nicht mehr für das laufende dritte Quartal 2016 von einem Abbau des

Überangebots aus.

Somit sind die folgenden beiden Szenarien die wahrscheinlichsten.

So könnten einerseits die Gespräche erneut scheitern, mit dem

Ergebnis, dass der Ölpreis abermals den Sinkflug antritt. Allerdings

dürften die neuerlichen Verluste nicht so dramatisch ausfallen wie im

Frühjahr. Einen Ölpreis von 30 Dollar wird die Welt wohl so schnell

nicht wieder sehen.

Andererseits könnte es eine mit warmen Worten formulierte

Übereinkunft geben, mit der sich die Teilnehmer verpflichten, ihre

Produktion nicht noch weiter zu steigern. Dies hätte zweifellos auf

kurze Sicht einen positiven Einfluss auf den Ölpreis, der wieder über

die Marke von 50 Dollar steigen und sich möglicherweise sogar auf 60

Dollar zubewegen würde. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich

der positive Effekt rasch abnutzt und dass der Ölpreis nach einem

ersten Preissprung wieder abbröckelt. Ein wirklich nachhaltiger

Ölpreisschub durch das Treffen wird von den wenigsten Beobachtern

erwartet.

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