04.10.2016 20:56:39
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Börsen-Zeitung: Game over, Kommentar zum Brexit von Andreas Hippin
Frankfurt (ots) - Wer Theresa May zugehört hat, wird nicht
überrascht gewesen sein, als sie ankündigte, Artikel 50 des Vertrags
von Lissabon vor Ende März kommenden Jahres in Anspruch zu nehmen.
Schließlich hatte die britische Premierministerin das schon früher
für Anfang 2017 avisiert. Aber wer hört schon auf das, was Politiker
sagen? Zumal die regierenden Konservativen in dieser Frage alles
andere als einig schienen. Für manche war die Volksabstimmung über
die EU-Mitgliedschaft im Juni nicht viel mehr als eine unverbindliche
Meinungsumfrage. Andere wollten erst die Ergebnisse der Wahlen in
Deutschland und Frankreich im kommenden Jahr abwarten. Es gab auch
die Hoffnung, dass bis dahin alles vergessen sein würde und man dann
einfach wieder zur Tagesordnung übergehen könnte. Und schließlich
sind auch noch Verfahren auf dem Weg, um den Brexit auf juristischem
Wege zu stoppen.
Nun gibt es also einen Termin für das offizielle
Austrittsverfahren. Er ist zwar immer noch Monate entfernt, aber
nicht weit genug, um noch darauf zu hoffen, dass das Vereinigte
Königreich irgendwie doch in der EU bleiben wird. Game over. Der
Termin gibt den Zeitplan für den Brexit vor, vorausgesetzt,
irgendjemand hält sich an die unerprobten Vorgaben für einen solchen
Fall. Mitte 2019 wäre es demnach so weit: Die zweitgrößte
Volkswirtschaft der EU würde die Staatengemeinschaft verlassen.
Praktisch ist es innerhalb von zwei Jahren überhaupt nicht möglich,
die gegenseitigen Beziehungen zu entflechten. Es müssten
Übergangsregelungen gefunden und über Jahre beibehalten werden, um
größere wirtschaftliche Schäden für alle Beteiligten abzuwenden.
David Camerons Nachfolgerin hat auf dem Parteitag in Birmingham
zwei Dinge klargestellt: Wer sich in der Brexit-Frage in der Partei
gegen sie stellt, wird nicht mehr viel zu lachen haben. Wichtiger
noch: Der ungehinderte Zugang zum europäischen Binnenmarkt ist für
sie kein goldenes Kalb. Ihre Bereitschaft, Zugeständnisse beim Thema
Zuwanderung zu machen, geht offenbar gegen null. Vom Europäischen
Gerichtshof würde sie sich ebenfalls nur zu gerne verabschieden. Der
Ton aus London ist damit mindestens ebenso scharf wie der aus
Brüssel. Die Verhandlungen dürften extrem hart werden.
May galt nie als europhil. Dass sie sich in letzter Minute
entschloss, die Kampagne für den Verbleib in der EU zu unterstützen,
hat viele überrascht. Vielleicht wird man an den Finanzmärkten
künftig mehr darauf hören, was Politiker sagen.
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