03.07.2015 20:55:40

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Börsen-Zeitung: EZB öffnet Hintertürchen, Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Der Zeitpunkt ist aus Sicht der Europäischen

Zentralbank (EZB) klug gewählt gewesen. Alle Welt, und da ist die

Finanzwelt natürlich inbegriffen, blickte auf Griechenland: Wie wird

das Referendum ausgehen und was passiert dann am Montag - nicht

zuletzt an den Finanzmärkten? Da kann die eine oder andere

Entwicklung schon mal an einem vorbeigehen, oder sie wird im Lichte

der viel größeren und wichtigeren Ereignisse nicht mehr als so

bedeutend gewertet, wie sie eben ansonsten gewürdigt würde. In diesem

Umfeld hat die EZB einfach mal ihre Liste der Emittenten, die im

Rahmen des Anleihekaufprogramms für etwaige Erwerbe in Frage kommen,

erweitert. Ohne viel Getöse wurde da kurzerhand die Internetseite auf

den neuesten Stand gebracht und damit heimlich, still und leise ein

kleines Hintertürchen geöffnet, mit dem sich das laufende

Quantitative Easing erweitern lässt, wenn dafür vielleicht auch noch

ein wenig Definitionsarbeit geleistet werden muss. Erste

Definitionsarbeiten hat die EZB bei der Änderung der Bond-Liste ja

schon gemacht.

Bislang konnten prinzipiell die Anleihen folgender

Emittentenkreise gekauft werden: Anleihen der Zentralstaaten, also

Sub-Sovereigns, Bonds von internationalen und supranationalen

Adressen wie der EU und die sogenannten Agencies. Darunter verstand

man bisher "Emittenten mit Förderauftrag". So war auch die

Übersetzung. Klargestellt wurde nun auch, dass die Übersetzung aber

"Organe" lautet. Erweitert wurde die Liste um die staatsnahen

Emittenten. Gekauft werden können nun Bonds des italienischen

Versorgers Enel oder des Netzbetreibers Snam. Die Liste umfasst

diverse Infrastrukturfirmen.

Lockere Reaktion

Am Markt ist das bislang recht locker aufgenommen worden. Mancher

Akteur meint, dass diese Erweiterung nur geschehen sei, um eben eine

entsprechende Masse für Käufe in der Eurozonenperipherie zu haben,

damit eben hier gemäß Kapitalschlüssel der EZB die Käufe auch

umgesetzt werden können. Vorher seien die in Frage kommenden Agencies

sehr stark auf die kerneuropäischen Länder konzentriert gewesen. Das

mag durchaus sein, dass die EZB mit dieser Erweiterung diesem Aspekt

gerecht wird, die Frage ist doch nur, wie weit der Begriff der

öffentlichen Unternehmen in der Zukunft - je nachdem wie QE läuft -

gefasst wird. Und da könnte es durchaus sein, dass die EZB bei der

Definitionsarbeit künftig ein wenig nach dem Motto der Handwerker

handelt: Was nicht passt, wird passend gemacht.

Wenn nun auch Bonds von staatsnahen oder öffentlichen Unternehmen

("Organe") demnächst Gegenstand von Käufen werden, sollte das wohl

konkretisiert werden. Muss der Staat dann daran beteiligt sein? Wenn

ja, muss es eine Mehrheitsbeteiligung sein oder reicht eine

Minderheit aus? Oder aber muss das Unternehmen aus Sicht des Staates

einfach nur wichtig genug sein, damit es im Fall des Falles - also

eines drohenden Defaults (Zahlungsverzug, Insolvenz) - mit der

Unterstützung seitens des Staates rechnen kann? Je nachdem, wie man

es auslegt, d.h. definiert, können dann auch Daimler oder Siemens

staatsnahe oder öffentliche Unternehmen sein, nämlich dann, wenn der

Staat ein paar Aktien von ihnen hat oder bei extremer Schieflage den

Unternehmen helfend zur Seite springen würde. Und ehe man sichs

versieht, könnte die EZB auch Anleihen von Autobauern und anderen

Industrieunternehmen kaufen, Versorger und Netzbetreiber gehören ja

schon jetzt dazu.

Im Übrigen: Solche Diskussionen und Definitionsfragen sind nicht

ganz neu. Sie gab es vor einigen Jahren schon bei den öffentlichen

Pfandbriefen und ihren europäischen Pendants, vor allem denen aus

Luxemburg. Da ging es bei der Kreditvergabe und der anschließenden

Möglichkeit, diesen Kredit in den Deckungsstock aufnehmen und ihn

dann über den Pfandbrief günstig refinanzieren zu können, auch schon

mal um die Frage, was denn ein öffentliches oder staatsnahes

Unternehmen ist. In diesem Zusammenhang wurde dann auch auf

explizite, aber auch auf implizite Unterstützungswahrscheinlichkeiten

abgezielt. In einzelnen Ländern wurde das auch sehr unterschiedlich

ausgelegt.

Die EZB hat die Tür für Unternehmensanleihekäufe nun ein Stück

weit geöffnet. Wie stark der Markt - auch aus Enttäuschung heraus -

auf dieses Kaufprogramm reagiert, kann seit Wochen bei den

Staatsanleihen und auch Covered Bonds beobachtet werden. Kommen nun

auch noch einzelne Unternehmensanleihen - pardon staatsnahe

Emittenten - dazu, sollte man sich auf noch höhere Grade der

Illiquidität einstellen.

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