03.06.2016 19:59:39
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Börsen-Zeitung: Die Opec entmachtet sich, Marktkommentar von Dieter
Kuckelkorn
Frankfurt (ots) - Bei der Presseerklärung, die am Donnerstag in
Wien veröffentlicht worden ist, handelt es sich um ein typisches
Kommuniqué, wie es die Organisation Erdöl exportierender Länder
(Opec) im Anschluss an ihre Ministertreffen stets herausgibt.
Zunächst einmal wird einigen Ministern und anderen Persönlichkeiten
aus dem Umfeld des Kartells für ihr Engagement gedankt. Es folgt der
Hinweis auf die Ernennung eines neuen Opec-Generalsekretärs, und dann
gibt es noch zahlreiche warme Worte dazu, dass sich die Organisation
für Marktstabilität und andere gute Zwecke einsetzen will. Nur eine
Aussage fehlt, wie auch schon beim vorigen Treffen der Organisation
im Dezember vergangenen Jahres: Es gibt wieder keine Einigung auf
neue Obergrenzen für die Ölförderung, an die sich die Mitgliedstaaten
zu halten hätten.
Damit wird deutlich, dass es hinter der gepflegten Fassade der
Organisation nach wie vor harte Auseinandersetzungen gibt. Jeder
Mitgliedstaat kämpft um sein eigenes Wohl und Wehe im Umfeld eines
historisch gesehen (vgl. Grafik) immer noch niedrigen Ölpreises.
Überschattet wird das Ganze durch den Machtkampf zwischen
Saudi-Arabien und dem Iran um die Vorherrschaft in der Region.
Derweil produziert das Kartell auf Teufel komm raus. Gemäß den
letzten verfügbaren Zahlen werden 32,5 Mill. Barrel pro Tag (bpd)
gefördert. Somit wird das Niveau der letzten verbindlichen Quoten aus
dem vergangenen Jahr von 30 Mill. bpd deutlich übertroffen.
Nach Ende des Treffens in Wien geriet der Ölpreis erwartungsgemäß
zunächst unter Druck - und der neue saudi-arabische Ölminister Khalid
al-Falih war um Schadensbegrenzung bemüht. Er versprach ein "sanftes
Vorgehen" seines Landes, die Vermeidung von neuen Schocks für den
Ölmarkt und betonte den Konsens. Al-Falih ließ damit durchblicken,
dass innerhalb des Kartells die Angst vor einem Rücksturz der
Notierungen auf die Niveaus vom Jahresanfang durchaus noch vorhanden
ist.
Auf dem Ölmarkt spielt sich ein harter Kampf um Marktanteile ab.
Der Iran möchte seine alte Marktposition von vor dem Beginn der
Sanktionen im Atomstreit wiedererlangen, was nur auf Kosten
Saudi-Arabiens geschehen kann. Letztlich ist die Sitzung vom
Donnerstag daran gescheitert, dass der Iran darauf besteht, einen
prozentualen Anteil an der Gesamtforderung des Kartells zugesprochen
zu bekommen, wie er ihn vor dem Beginn der Sanktionen innehatte. Das
würde darauf hinauslaufen, dass das Land seine Förderung von derzeit
3,5 Mill. bpd auf rund 4,7 Mill. bpd anheben dürfte. Dem kann
Saudi-Arabien als der größte Opec-Produzent in der gegenwärtigen Lage
natürlich nicht zustimmen.
Die Opec hat daher ihre Position als ein wichtiger - zeitweise
zentraler - Machtfaktor am Ölmarkt verloren. Zum einen, weil die
Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran das Kartell lähmt, zum
anderen, weil die Opec nur noch ein Drittel zur Weltproduktion
beisteuert. Wie tief das Kartell gesunken ist, wird daran deutlich,
dass es mittlerweile schon als ein Erfolg gefeiert wird, dass man
sich nach monatelangem Streit auf die Ernennung des - neutralen -
Nigerianers Mohammed Barkindo zum neuen Generalsekretär einigen
konnte.
Dass sich der Ölpreis trotz der Ohnmacht der Opec stabilisiert,
liegt vor allem daran, dass sich der Markt derzeit neu ausbalanciert.
Noch vor wenigen Monaten gab es ein enormes Überangebot von 2 Mill.
bpd. Dieses ist mittlerweile verschwunden, weil kurzfristig
umfangreiche Produktionsausfälle in Kanada, Nigeria, Venezuela und
Libyen aufgetreten sind. Aber auch mittelfristig zeichnet sich durch
den Rückgang der US-Schieferölförderung eine Besserung ab.
Damit ist es auch bei einem anhaltenden oder sich gar
intensivierenden Streit innerhalb der Opec eher unwahrscheinlich,
dass der Ölpreis wieder auf Niveaus von rund 30 Dollar je Barrel
zurückfällt. Auf der anderen Seite ist allerdings auch nicht zu
erwarten, dass sich die Erholung in nennenswertem Ausmaß fortsetzt.
Dafür spricht, dass - wie erwähnt - der Iran seine Förderung
hochfahren will und dass der technische Fortschritt dafür sorgt, dass
die Grenzkosten der Schieferölförderung in den USA stetig sinken. Das
bedeutet, dass weniger US-Firmen die Förderung angesichts des
ungünstigen Preisniveaus aufgeben müssen. Es ist daher aus heutiger
Sicht die realistischste Perspektive, dass der Ölpreis vorerst in der
Größenordnung von 50 Dollar verharrt.
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