04.10.2019 19:45:40

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Börsen-Zeitung: Auf Rekordjagd / Kommentar zur Lage auf dem Markt für

Unternehmensanleihen von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Am Primärmarkt für Unternehmensanleihen

(Corporate Bonds) brummt das Geschäft. Die Anleger brauchen sich

keine Gedanken über mangelnden Nachschub zu machen, denn regelmäßig

kommen diverse Emittenten an den Markt, sodass querbeet alle

Laufzeiten, Ratings und Branchen vertreten sind. Und umgekehrt müssen

sich die Unternehmen nicht über fehlende Nachfrage sorgen, die

Investorenresonanz ist gut, sodass im Schnitt gute Überzeichnungen

der Emissionen zu registrieren sind. Im September kamen nach

Berechnungen der Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)

auf Euro denominierte Corporate Bonds für 67,5 Mrd. Euro auf den

Markt (unabhängig vom Sitz der Gesellschaft). Das ist Rekord. Damit

wurde der März des Jahres 2016 übertroffen, als Unternehmensbonds für

56,1 Mrd. Euro emittiert wurden. Der Primärmarkt für Corporates

konnte bereits per 25. September das gesamte Emissionsvolumen des

Vorjahres von 325,6 Mrd. Euro in den Schatten stellen. In den ersten

neun Monaten dieses Jahres kamen dann Corporates für 330,3 Mrd. Euro

(im Vorjahreszeitraum: 268,8 Mrd. Euro, ca. +23%) zusammen.

Selbst im sogenannten Sommerloch war der Unternehmensanleihemarkt

emissionsseitig recht aktiv, gab es doch im Juli und August neue

Papiere für 26,6 bzw. 21,7 Mrd. Euro. Für beide Monate konnten damit

ebenfalls Rekordwerte markiert werden. Es sind laut LBBW in erster

Linie die guten Bonitäten, die das Gros der Emissionen ausmachen. 83%

des diesjährigen Volumens entfallen auf Investment-Grade-Bonitäten,

also Emittenten mit Einstufungen von AAA bis BBB minus. 15,4% steuern

die Adressen aus dem spekulativen Bereich bei, das sind Bonitäten von

BB plus bis CCC. Der Rest der Emissionen kommt von Unternehmen, die

kein Rating haben.

"Auf den ersten Blick mag das hohe Volumen an neuen Corporate

Bonds zunächst erstaunen, denn die Renditen von auf Euro lautenden

Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich befinden sich auf

einem historischen Tiefstand. Zudem wurden vereinzelt sogar

Neuemissionen mit negativer Rendite recht erfolgreich am Markt

untergebracht - zum Beispiel von Siemens. Das ist aus Anlegersicht ja

erst mal alles nicht sonderlich attraktiv", sagt Matthias Schell,

Investmentanalyst im Strategy Research der LBBW. Im Schnitt zahlen

die Unternehmen im Investment-Grade-Bereich über alle Laufzeiten und

Ratings hinweg betrachtet noch eine Rendite von 0,40%, das ist so

wenig wie nie zuvor. Aus Sicht der Unternehmen mit

Refinanzierungsbedarf seien solche Renditeniveaus zwar sehr

attraktiv, aus Investorensicht sei das aber als ausgesprochen mager

einzustufen. Dennoch bleibe die Nachfrage der Investoren nach

Investment-Grade-Bonds ungebrochen hoch, das bisherige Jahresvolumen

der Nettozuflüsse an Fonds liege sogar auf einem Rekordniveau.

Eine Erklärung, warum die Anleger dennoch zugreifen und den Firmen

damit ermöglichen, Papiere weiterhin zu diesen tiefen Renditeniveaus

problemlos absetzen zu können, sieht Schell im Mangel an

Alternativen in anderen Segmenten. "Sichere Staatsanleihen wie die

Bundesanleihen rentieren schon lange im Minus. Bei Pfandbriefen

ergibt sich ein ähnliches Bild. Selbst den einen oder anderen High

Yielder haben wir ja schon mit Negativrenditen gesehen", sagt Schell.

Unternehmensanleihen, die in einem solchen Umfeld noch eine positive

Rendite abwerfen, sind ganz offenkundig für viele Anleger attraktiv,

und deshalb greifen die Investoren beherzt zu.

Es sieht derzeit nicht danach aus, als würde sich an der

gegenwärtigen Marktsituation etwas nachhaltig ändern. Die

Europäische Zentralbank hat im September beschlossen, in eine neue

Runde von Quantitative Easing zu gehen. Ab November sollen wieder

Staatsanleihen gekauft werden, d.h., es soll wieder Nettoneukäufe von

Anleihen geben. Damit werden die bekannten Verdrängungsprozesse - das

Crowding-out der Investoren in andere Assetklassen und damit auch

Bondmarktsegmente - weiter befeuert. Das beschert den Unternehmen ein

weiterhin attraktives Refinanzierungsumfeld aus niedrigen Renditen

und engen Credit-Spreads. Das zieht Emittenten an. Schell erachtet

die Chancen als gut, dass die Rekordjagd am Markt für neue Corporate

Bonds weitergeht und in diesem Jahr womöglich auch der Jahresrekord

geknackt wird. Er stammt aus dem Jahr 2017, als Unternehmensanleihen

für 406 Mrd. Euro emittiert wurden. Da reicht im Jahresschlussquartal

ja fast schon das durchschnittliche Monatsvolumen der beiden

Sommermonate Juli und August.

(Börsen-Zeitung, 05.10.2019)

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