25.10.2019 19:10:41

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Börsen-Zeitung: Aktien sind nicht teuer / Analyse zum Aktienmarkt von

Werner Rüppel

Frankfurt (ots) - Nach der deutlichen Korrektur 2018 streben die

Aktienmärkte in diesem Jahr wieder nach oben. So hat der Dax gerade

ein Jahreshoch bei 12.914 Punkten markiert und im bisherigen

Jahresverlauf rund 22% an Wert gewonnen.

Spielen die Märkte verrückt und sind zu heiß gelaufen, mögen sich

Beobachter fragen. Schließlich lahmt die Weltkonjunktur, etliche

Unternehmen mussten Gewinnwarnungen vermelden und die

Gewinnerwartungen der Firmen sind insgesamt rückläufig. Wird es daher

gar wie im Vorjahr zu einem Einbruch des Aktienmarkts zum Jahresende

hin kommen?

Rückschläge bei Dividendentiteln kann es natürlich immer geben,

insbesondere durch neue Botschaften von Donald und Boris. Doch

Aktien, vor allem europäische Titel, sind insgesamt nicht teuer.

Hinzu kommt, dass die Akteure am Aktienmarkt alles andere als

euphorisch sind, eher herrscht Vorsicht. Denn insbesondere auch die

institutionellen Anleger sind sich der Unsicherheiten sehr bewusst.

Was diametral anders ist als vor einem Jahr, ist die Politik der

internationalen Notenbanken. War die Fed vor Jahresfrist noch auf

Straffungskurs, so hat sie inzwischen die Geldschleusen geöffnet.

Bereits in der kommenden Woche könnte sie erneut die Zinsen senken.

Auch die Europäische Zentralbank stellt reichlich Liquidität quasi

kostenlos zur Verfügung. Hinzu kommt, dass die Notenbanken in den

nächsten Monaten noch weiter lockern werden.

Da es in Euroland auch am langen Ende keine Zinsen mehr gibt und

sich auch die US-Zinsen markant ermäßigt haben, gibt es kaum eine

Alternative zu Aktien. Die Monate November und Dezember sind saisonal

ohnehin eine gute Zeit für Dividendentitel, größere Rückschläge gab

es in diesem Zeitraum lediglich in den Jahren 2000 und 2018. Somit

dürfte der Aktienmarkt in diesem Jahr zum Jahresende hin eher zulegen

denn einbrechen.

Welche Stärke der Aktienmarkt hat, wurde jüngst sichtbar, als das

Dax-Schwergewicht SAP nach guten Zahlen und einem Wechsel an der

Firmenspitze an einem Tag um mehr als 10% zulegte und den deutschen

Leitindex mit nach oben zog.

Warum sind nun Aktien aber nicht teuer? Weil bei der Bewertung von

Dividendentiteln stets die Alternativen, sprich die Zinsseite und die

mit Anleihen zu erzielende Rendite, mit einzubeziehen sind. Würden

zehnjährige Bundesanleihen noch Renditen von 8% oder 9% im Jahr

abwerfen, wären Aktien vielleicht teuer. Aber es gibt nichts mehr;

wer Bunds erwirbt und durchhält, zahlt sogar drauf. Auch für Festgeld

locken keine Zinsen mehr.

Manfred Hübner, Research-Chef bei Sentix, hat nun europäische

Aktien unter Einbeziehung der Anleiheseite bewertet. Dazu hat er zum

einen die Dividendenrendite europäischer Aktien minus der Rendite

zehnjähriger Anleihen berechnet. Das Ergebnis: Mit einem Wert von 4%

sind europäische Aktien im langfristigen Vergleich derzeit

ausgesprochen günstig bewertet. Zieht man von diesem Wert noch die

Teuerungsrate ab, erhält man ein ähnliches Bild.

Hübner hat diese Größen auch für den US-Aktienmarkt berechnet.

Demnach sind US-Werte ebenfalls keineswegs teuer, allerdings nicht so

günstig bewertet wie europäische Titel.

Für europäische Aktien stellt auch Michael Bissinger von der

DZ-Bank fest, dass die Dividendenrenditen gegenüber Anleihen einen

Renditeaufschlag von gut 4% bieten, was nahe dem Rekordniveau liegt.

Und nach Einschätzung von Stefan Keitel, Chefstratege bei Deka

Investments, lohnt es sich, über eine höhere Gewichtung von

Dividendentiteln nachzudenken, schon um damit den Rückgang der

Zielrendite infolge der ultralockeren Geldpolitik zumindest teilweise

zu kompensieren. Denn im aktuellen Umfeld sind Aktien durchaus

attraktiv.

(Börsen-Zeitung, 26.10.2019)

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