20.06.2022 20:29:48

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Bitter nötig, Kommentar zur Kohleverstromung von Stefan Paravicini

Frankfurt (ots) - "Das ist bitter, in dieser Lage aber schier notwendig", sagte

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck über seine Pläne, in den nächsten

Monaten verstärkt auf den Einsatz von Kohlekraftwerken für die Stromversorgung

zu setzen. Der grüne Vizekanzler, der sich als Klimaschutzminister der

Ampel-Koalition eigentlich aufmachen wollte, den Umbau der Industrienation

Deutschland Richtung Klimaneutralität voranzubringen, muss schon zum

wiederholten Mal in die entgegengesetzte Richtung vorangehen. Die seit der

russischen Invasion in die Ukraine veränderte sicherheits- und energiepolitische

Lage zwingen ihn dazu.

Mehr Kohleverstromung statt des Einsatzes von vergleichsweise

klimafreundlicherem Gas für die Stromerzeugung in Deutschland soll trotz der

zuletzt gedrosselten Gaslieferungen aus Russland sicherstellen, dass die

Gasspeicher über den Sommer aufgefüllt werden. Das hat für Habeck oberste

Priorität, der in den vergangenen Wochen bereits mehrfach bewiesen hat, dass er

kühlen Pragmatismus kann. Bis Anfang November soll der Füllstand der Gasspeicher

von derzeit rund 58 Prozent auf 90 Prozent steigen. Andernfalls droht

Deutschland spätestens zum Winteranfang leichtes Ziel für Erpressungsversuche

aus Moskau zu werden.

Um das zu verhindern, soll nicht nur die Kohlekraftreserve vergrößert und

kurzfristig aktiviert werden. Die Bundesregierung stellt über die KfW auch

Kredite über 15 Mrd. Euro zur Verfügung, damit die Ferngasnetzbetreiber trotz

der gestiegenen Preise die nötigen Mengen zur Befüllung der Gasspeicher

einkaufen können. Über ein Auktionsmodell sollen außerdem Anreize für die

Industrie ge­schaffen werden, Gas einzusparen. Ein marktwirtschaftliches

Instrument, das prompt auf positives Echo stieß.

Die Einsparpotenziale, gerade in energieintensiven Branchen, die ihre Prozesse

auf Gas als emissionsarme Brücke in ein postfossiles Zeitalter ausgerichtet

haben, dürften überschaubar bleiben - zumindest solange die Produktion nicht

gedrosselt wird. Ein Szenario, das für den Fall einer Versorgungsnotlage bei Gas

im Winter trotz der Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums einzelnen

Unternehmen drohen könnte. Einsparungen im Privaten, wie sie etwa

Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller mit der möglichen Absenkung der

Mindesttemperatur in Mietwohnungen ins Spiel gebracht hat, bleiben im

Maßnahmenpaket des Bundeswirtschaftsministeriums außen vor. Sie könnten bald

ebenfalls bitter nötig werden.

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