15.10.2021 20:30:38

OTS: Börsen-Zeitung / Bitcoin auf Rekordjagd, Marktkommentar von Alex Wehnert

Bitcoin auf Rekordjagd, Marktkommentar von Alex Wehnert

Frankfurt (ots) - Die Krypto-Bullen blasen wieder zur Rekordjagd. Am Freitag

kletterte Bitcoin auf der Handelsplattform Bitstamp erstmals seit Mitte April

wieder auf knapp 60000 Dollar - seit Ende Juli gerechnet verdoppelte sie damit

ihren Wert. Hintergrund für die Kurszuwächse, die im laufenden Monat noch einmal

deutlich an Fahrt gewonnen haben, ist die Hoffnung auf eine Zulassung für

Exchange Traded Funds (ETFs) auf Bitcoin in den Vereinigten Staaten.

Der US-Börsenaufsicht SEC liegen mehrere entsprechende Anträge vor. Hatte sie

Bitcoin-ETFs in der Vergangenheit stets abgeschmettert, hält sich bei den

Marktteilnehmern seit Anfang Oktober der Optimismus, dass es diesmal anders

kommt. Denn die nun vorliegenden Anträge beziehen sich im Gegensatz zu früheren

Anläufen auf Futures-basierte ETFs. Der SEC-Vorsitzende Gary Gensler hatte

zuletzt seine Unterstützung für solche Produkte signalisiert, da er sich von

diesen einen höheren Anlegerschutz als von direkt in Bitcoin investierenden

Fonds verspricht.

Am Freitag machten erneut Berichte die Runde, laut denen eine SEC-Freigabe für

Bitcoin-ETFs kurz bevorsteht. Krypto-Bullen setzen nun darauf, dass dies dem

Markt für Cyberdevisen gewaltige Mittelzuflüsse bescheren wird, da sich

Mainstream-Investoren durch die Existenz regulierter Finanzprodukte in bewährter

Form vermehrt zum Einstieg bewegen lassen dürften.

Die Belastungsfaktoren der vergangenen Monate sind damit offenbar aus dem

Blickfeld der Krypto-Investoren verschwunden. Insbesondere die intensivierte

Regulierungskampagne Chinas gegen die Cyberdevisen hatte entscheidend zu der

Bitcoin-Talfahrt zwischen Anfang Mai und Ende Juli beigetragen. Nachdem Peking

im Frühsommer bereits einen Bann gegen Krypto-Mining ausgesprochen hatte,

kündigte die People's Bank of China im September an, dass sie künftig sämtliche

Transaktionen in Cyberdevisen als illegale Aktivitäten behandeln werde.

Zunächst sorgten die Währungshüter damit für Kursrücksetzer, inzwischen haben

die Krypto-Bullen der Kampagne aus dem Reich der Mitte aber einen positiven Spin

verpasst. Durch die Abwanderung der Krypto-Branche aus China steige die

Transparenz im Markt, auch in Bezug auf die Herkunft des genutzten Stroms. Eine

verbesserte Energiebilanz gilt als entscheidend für ein größeres Engagement

institutioneller Investoren in der Krypto-Sphäre.

Möglicherweise ist die Argumentation in Bezug auf China stichhaltig, noch lässt

sich das nicht sicher sagen. An ihr wird jedenfalls die selektive Sicht der

Krypto-Bullen auf ihre favorisierte Assetklasse deutlich, infolge deren Probleme

ins Gegenteil verdreht oder mit dem Verweis abmoderiert werden, dass es im

klassischen Finanzsystem noch schlechter laufe - insbesondere in Bezug auf den

Energieverbrauch ist das ein gerne genutztes Argument.

Derweil führen auch nur möglich erscheinende Positivereignisse relativ zu

anderen Assetklassen häufig zu überproportionalen Kursanstiegen, am Kryptomarkt

herrscht weiterhin stetige Irrationalität. Diese wird auch anhand der

ETF-Spekulationen offenbar. Denn die Hoffnung auf eine SEC-Zulassung hat auch

die Funding-Raten für Terminkontrakte auf die Kryptowährung in die Höhe

schnellen lassen. Dabei handelt es sich um periodische Zahlungen zwischen

Tradern, die sich aus der Abweichung zwischen Preis des Futures und dem

Marktpreis einer Kryptowährung ergeben. Wenn der Future-Kurs über dem Spotpreis

liegt, ist die Funding-Rate positiv - long positionierte Trader zahlen also an

solche mit Short-Positionen. Je höher die Funding-Rate, desto teurer wird es,

Long-Positionen offen zu halten. Auf der Plattform Binance hat sie laut dem

Datenanalyseanbieter Bybt 5 Prozent erreicht, Ende September waren es noch 1,9

Prozent. Auf anderen Plattformen fällt der Anstieg noch weitaus stärker aus -

ein Zeichen für die irrational bullishe Einstellung der Trader.

Natürlich würde eine Zulassung für Bitcoin-ETFs eine Validierung der

Kryptowährungen darstellen, im Mainstream angekommen wären sie damit aber nicht.

Denn die Nachhaltigkeitsproblematik ist aus Sicht institutioneller Investoren

noch lange nicht vom Tisch. Davon abgesehen würde ein Futures-basierter ETF

nicht die direkte Bitcoin-Exposition bieten, die sich Krypto-Bullen eigentlich

gewünscht haben. Und sollte eine Zulassung wider Erwarten ausbleiben, dürfte die

Enttäuschung groß sein. Bei vergangenen Rückschlägen am Kryptomarkt hat sich

gezeigt, dass erste Kursverluste weitere Rücksetzer bedingen. So folgte auch auf

die Rekordjagd bis Ende April eine monatelange Talfahrt.

Pressekontakt:

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OTS: Börsen-Zeitung

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