01.07.2020 20:25:38

OTS: Börsen-Zeitung / Balance gesucht, Kommentar zu Airbus von Gesche Wüpper

Balance gesucht, Kommentar zu Airbus von Gesche Wüpper

Frankfurt (ots) - Entsprechende Vermutungen hatten bereits die Runde gemacht,

und doch sorgte die Ankündigung von Airbus, bis zum Sommer 2021 in der

Flugzeugsparte 15000 Stellen abbauen zu wollen, in den betroffenen Ländern für

einen Schock. Immerhin entspricht dies gut 11 Prozent der Belegschaft des Luft-

und Raumfahrtkonzerns und 18,5 Prozent der Sparte Commercial Aircraft.

Für Airbus ist es ein Jobabbau nie gekannten Ausmaßes. Deshalb ist es

verständlich, dass Gewerkschaften und Politiker nicht mit Kritik an den Plänen

sparen. Sie sollten jedoch nicht vergessen, dass es weit schlimmer hätte kommen

können, wenn Airbus so wie der US-Rivale Boeing wegen des 737-Max-Debakels

bereits vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie finanziell stark angeschlagen gewesen

wäre.

Für den Luft- und Raumfahrtkonzern besteht die größte Herausforderung nun darin,

die richtige Balance zu finden. Er darf nicht zu viele Stellen kürzen, um

gewappnet zu sein, die Produktion wieder hochfahren zu können, wenn sich die

Luftfahrt wieder erholt. Auf der anderen Seite muss sich Airbus darauf

einstellen, dass die Branche frühestens 2023 wieder ihr Vorkrisenniveau

erreichen wird, bei einer zweiten oder dritten Welle sogar deutlich später.

Zumindest was die Produktion angeht, hat Airbus rechtzeitig und umsichtig

reagiert. Der Flugzeugbauer hat die Kapazität bereits Anfang April um ein

Drittel gekürzt, so dass weitere größere Anpassungen erst mal nicht notwendig

erscheinen. Die wohl größte Gefahr für Airbus besteht nun darin, dass die

geplanten Restrukturierungen wie einst 2007 beim Sparplan "Power 8"

deutsch-französische Grabenkämpfe wieder ausbrechen lassen. In einem Konzern, an

dem mehrere Staaten beteiligt sind, der in mehreren Ländern wichtige Standorte

unterhält und dort derzeit öffentliche Hilfen in Anspruch nimmt, ist es geradezu

programmiert, dass die jeweiligen Regierungen die Pläne für den Abbau von

Arbeitsplätzen mit Argusaugen beobachten. Frankreich und Deutschland pochen

bereits auf eine gerechte Verteilung der Stellenkürzungen.

Das Schlimmste, was dem Luftfahrtkonzern neben einer zweiten oder dritten

Covid-19-Welle passieren könnte, wäre, erneut zum Spielball nationaler

Interessen zu werden, indem Politiker und Gewerkschaften der Airbus-Länder

versuchen, ihre Partner zu übervorteilen. Konzernchef Guillaume Faury steht vor

keiner leichten Aufgabe. Sein Wunsch, bereits im Herbst mit der Umsetzung der

Sparpläne zu beginnen, ist äußerst ambitioniert.

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