29.08.2022 19:28:38
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Ampel in der Energiekrise, Kommentar zur Klausurtagung von Stefan
Paravicini
Frankfurt (ots) - Kalt duschen und Heizung runterdrehen, raten die
Ampel-Koalitionäre angesichts der Energiekrise mit Blick auf den nahenden
Winter. Bei der zweitägigen Klausurtagung der Bundesregierung, die am Dienstag
auf Schloss Meseberg vor den Toren Berlins startet, werden die Koalitionäre gut
daran tun, dem eigenen Rat zu folgen. Denn die Temperatur innerhalb der Ampel
ist seit Wochen aufgeheizt. Unter Druck steht vor allem Wirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne), dem bei der Umsetzung der geplanten Umlage zur
Stabilisierung des Gasmarktes Konstruktionsfehler unterlaufen sind.
Neben insolvenzgefährdeten Gasimporteuren, die sich wegen ausbleibender
Gasimporte aus Russland auf dem Spotmarkt versorgen müssen und mit der Umlage
finanziell entlastet werden sollen, können bislang auch wirtschaftlich gesunde
Unternehmen aus der Branche den Finger heben, wenn es an die Verteilung der 34
Mrd. Euro geht, die die Verbraucher nach jetzigem Stand ab 1. Oktober über die
Umlage bezahlen werden. Das haben die Koalitionspartner in den vergangenen Tagen
unter dem Stichwort "Trittbrettfahrer" weidlich ausgenutzt, um den
Wirtschaftsminister als einen der größten Publikumslieblinge innerhalb der
Ampel-Koalition zu entzaubern.
Habeck will dennoch an der Umlage festhalten. Dass sie notwendig ist, zeigt der
Fall Uniper: Der Gasimporteur hat eine Kreditlinie der Förderbank KfW in Höhe
von 9 Mrd. Euro ausgeschöpft und um mehr gebeten. Die Gefahr eines
"Lehman-Moments" auf dem Gasmarkt ist real, auch wenn die deutschen Gasspeicher
schon im September den bis Oktober angepeilten Füllstand erreichen werden.
Die Turbulenzen auf dem Gasmarkt treiben auch die Strompreise in ungeahnte
Höhen, weil die Verstromung in Gaskraftwerken im geltenden Marktdesign oft den
Preis bestimmt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) ließ Habeck angesichts
rekordhoher Strompreise wissen, dass die angekündigte Reform des Strommarkts
bitte schön "kurzfristig" gelingen müsse. Kurz darauf kündigte Bundeskanzler
Olaf Scholz (SPD) gemeinsam mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala
im Rahmen seines Antrittsbesuchs in Prag Maßnahmen für eine Reform des
Strommarkts auf europäischer Ebene an.
Die Ampel steckt zum Ende des meteorologischen Sommers mittendrin in der
Energiekrise. Will sie durch den Winter kommen, muss sie rasch die Reihen
schließen. Eine kalte Dusche auf Schloss Meseberg könnte dafür ein guter Anfang
sein.
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