Vorkrisenniveau |
31.05.2021 16:21:00
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Optimistische Prognose: Österreichs Wirtschaft wächst 2021 um 3,4 Prozent
Damit ist die Prognose deutlich besser als vor sechs Monaten, als die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) der heimischen Wirtschaft 2021 nur 1,4 Prozent und 2022 lediglich 2,3 Prozent Wachstum zugetraut hatte. Dennoch kommt der Aufschwung in Österreich nur verzögert an. Er wird heuer deutlich unter den Werten im Euroraum (4,3 Prozent), in der OECD insgesamt (5,3 Prozent) oder auch in den USA (6,9 Prozent) liegen. 2022 könnte das Wachstum in Österreich dann annähernd gleich stark sein wie im Durchschnitt des Euroraums (4,4 Prozent), aber über dem OECD-Schnitt (3,8 Prozent) und über dem US-Wachstum (3,6 Prozent) liegen. In China und Indien sind heuer Wachstumsraten von 8,5 bzw. 9,9 Prozent vorhergesagt.
In Österreich wird laut OECD die Arbeitslosenquote zwar sinken, aber bis Ende 2022 nicht auf das Vorkrisenniveau zurückkehren. Dafür werden die Preise vorübergehend stärker steigen, wobei die OECD von rund zwei Prozent Inflation (HVPI) ausgeht. Die Neuverschuldung Österreichs, die 2020 bei 8,9 Prozent lag, geht heuer auf 7,3 Prozent und 2022 auf 3,1 Prozent zurück. Der Schuldenstand (nach Maastricht) steigt heuer auf 88,6 Prozent des BIP und sinkt danach nur geringfügig (2022: 88,0 Prozent). Vor Ausbruch der Pandemie war die Verschuldung bei 70,5 Prozent gelegen.
Ein Sparprogramm hält die OECD aber vorerst nicht für angebracht. "Die Fiskalpolitik sollte konjunkturstützend ausgerichtet bleiben, bis die Erholung richtig in Gang ist", heißt es in dem am Montag veröffentlichten Länderbericht zu Österreich. "Um in allen Wirtschaftszweigen und Regionen eine gleichmäßige und reibungslose Erholung zu garantieren, müssen die zuständigen staatlichen Stellen gegen die hohe Verschuldung kleiner Unternehmen in dem von der Pandemie besonders stark getroffenen Gastgewerbe vorgehen." Die OECD empfiehlt Österreich die Einführung steuerlicher Anreize für Eigenkapitalbildung und Gewinneinbehaltung, "zur Förderung von Unternehmensfinanzierungsoptionen, die keine Schulden verursachen".
Die Projektionen seien mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet, warnt die OECD. Werden etwa die Reisebeschränkungen nicht aufgehoben, könnte der Aufschwung des Gastgewerbes ausbleiben. An diesem hängen aber 10 Prozent der Arbeitsplätze. Wenn die "überhöhte Ersparnisbildung" der privaten Haushalte nicht so rasch zurückgehe wie angenommen, würde der private Konsum nicht anspringen.
"Die staatlichen Stellen sollten sich bereithalten, für zusätzliche Impulse zu sorgen, falls Abwärtsrisiken eintreten", empfiehlt die OECD. Ein nachhaltiges Wachstum könnte durch gut gezielte Erhöhungen der öffentlichen Ausgaben für die digitale Infrastruktur und den Klimaschutz gefördert werden. Zu empfehlen seien auch zusätzliche öffentliche Ausgaben, mit denen die Ausstattung der Schulen und Universitäten mit digitalem Lehrmaterial verbessert und die Zahl der Lehrkräfte auf allen Bildungsstufen erhöht würde.
Vom Kanzler abwärts zeigte sich die ÖVP-Regierungsmannschaft erfreut über die neue OECD-Prognose und sieht sich in ihrer Politik bestätigt. "Das zeigt, dass die Wirtschaftshilfen funktionieren und bestätigt auch, dass wir gut durch die dritte Coronawelle gekommen sind", erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) pflichteten bei. "Wenn die Prognosen eintreffen, wird Österreich heuer stärker wachsen als Deutschland oder die Schweiz, obwohl das für den Tourismus so wichtige erste Quartal de facto komplett ausgefallen ist", so Blümel.
NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn betonte, dass jetzt die Schritte dafür zu setzen seien, damit der Aufschwung "auch unterstützt und nachhaltig abgesichert" werden könne. "Wieder einmal spricht die OECD konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von KMU in Österreich aus - es braucht nun endlich auch eine Umsetzung der Maßnahmen", forderte Schellhorn mit Blick auf mehr Finanzierungsoptionen, um die zu erwartende Pleitewelle unter kleinen und mittleren Unternehmen nach Auslaufen der Hilfen und Stundungen Ende Juni abzufedern."Bis zum Herbst werden dann viele nicht durchkommen." Es wäre "unbegreiflich und verantwortungslos, wenn hier nicht rasch etwas vorgelegt wird".
Heftige Kritik an der Regierung kommt aus dem Lager der SPÖ: Wegen "schlechten Pandemiemanagements und falscher Wirtschaftshilfen" erhole sich Österreich langsamer als andere in der EU - wie etwa Italien oder Griechenland - von der Krise. Wie die NEOS sieht auch SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter viele kleine und mittelgroße Unternehmen unter die Räder kommen, sobald die staatlichen Hilfszahlungen Ende Juni auslaufen. Nachfolgeregelung gibt es bis dato noch immer keine. Zudem seien "große Summen der Wirtschaftshilfen an jene Unternehmen geflossen, die sie am wenigsten brauchen". Zu den Profiteuren der Hilfszahlungen der Bundesregierung gehörten etwa "global agierende Konzerne, die in Österreich keine Steuern zahlen, Luxushotelbetreiber oder riesige Elektrohandelsketten", so Matznetter. In Pressekonferenzen spreche die Regierung zwar "salbungsvoll von einem 'wirtschaftlichen Comback'", habe aber in Wahrheit "kein handfestes, echtes und umfangreiches Konjunkturpaket mit sinnvollen Maßnahme vorgelegt", so der Oppositionspolitiker.
OECD empfiehlt der Welt breites Impfprogramm und Wirtschaftshilfen
Das weltweite Wirtschaftswachstum dürfte heuer rund 5,75 Prozent, nächstes Jahr rund 4,5 Prozent betragen, erwartet die OECD. Das ist deutlich mehr als vor sechs Monaten erwartet. Allerdings gebe es in der Prognose noch viele Unsicherheiten. Die Politik sei aufgerufen, Impfkampagnen möglichst schnell weltweit auszurollen. Auch solle weiter großzügig Geld in Wirtschaft und Haushalte gepumpt werden, die Verschuldung solle erst wieder bei stabilem Wachstum im Mittelpunkt stehen.
Impfungen würden Leben retten, Einkommen sichern und die negativen Auswirkungen der Maßnahmen gegen die Coronapandemie begrenzen, argumentiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrer Halbjahresprognose. Es brauche stärkere internationale Anstrengungen, damit auch Niedrigeinkommensländer Impfprogramme fahren können - "zu ihrem eigenen Nutzen und zum Nutzen der ganzen Welt". Wenn nicht rasch geimpft werde, drohten neue Virus-Mutationen, die überall wieder härtere Lockdowns nötig machen würden.
Die reicheren Länder sollten weiter großzügig Geld in die Wirtschaft pumpen, "ein vorübergehendes Überschießen der Gesamtinflation sollte dabei zugelassen werden", meint de OECD. Corona-Hilfen sollten fließen, bis Impffortschritte eine deutliche Lockerung der Beschränkungen für körpernahe Dienstleistungen ermöglichen. Der Schwerpunkt sollte auf Zuschüsse und Eigenkapital anstelle von Krediten gelegt werden. Außerdem brauche es höhere öffentliche Investitionen in das Gesundheitssystem sowie in die Digital- und Energie-Infrastruktur.
Ein Unsicherheitsfaktor ist, wie rasch die Menschen in den reicheren Ländern ihre in der Pandemie angehäuften Ersparnisse wieder ausgeben. "Da es sich um hohe Beträge handelt, würde bereits ein Bruchteil der "überschüssigen" Ersparnis ausreichen, um das BIP-Wachstum deutlich zu erhöhen, was unter dem Einfluss rückläufiger Kapazitätsüberhänge den Preissteigerungsdruck vergrößern würde", schreibt die OECD.
Viele Schwellen- und Entwicklungsländer seien von der Pandemie besonders hart getroffen worden und hätten im Ausland erhebliche Kredite aufnehmen müssen. Damit seien in diesen Ländern Staats- und Unternehmensverschuldung ein noch größeres Problem geworden. Zwar haben die öffentlichen Gläubiger der G20-Staaten die Schuldendienstverpflichtungen ärmerer Länder vorübergehend ausgesetzt, aber "ohne Schuldenerlasse wird es in den kommenden Jahren wahrscheinlich in einigen aufstrebenden Volkswirtschaften und Entwicklungsländern zu einer Schulden-Umstrukturierung kommen", mahnt die OECD. Die G20-Länder sollten sich weiter um eine "Lösung der Schuldenprobleme von Schwellen- und Entwicklungsländern" bemühen.
tsk/sp
(APA)
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