Exklusiver Live-Stream direkt von der World of Trading - 2 Tage mit einzigartigen Themen und Experten. Kostenlos teilnehmen + Videos erhalten. -w-
Brexit und Handel als Risiko 05.10.2018 22:30:00

Österreichs Wachstum bremst sich 2019 ab

Österreichs Wachstum bremst sich 2019 ab

Für 2018 erwarten sie an die drei Prozent Plus. Die Arbeitslosenquote wird weiter sinken. Hauptrisiken sind Brexit und Handelskonflikte. Die Politik wird gemahnt, den noch fehlenden Spielraum für eine Steuerreform 2020 zu schaffen.

Trotz der erwarteten konjunkturellen Abschwächung sei das Konjunkturbild im Vergleich zur Sommerprognose unverändert, betonte Wifo-Chef Christoph Badelt: "Das Licht geht noch nicht aus bei der Konjunktur." Obwohl der Höhepunkt zur Jahreswende 2017/18 erreicht worden sei, gebe es weiterhin eine positive Konjunktursituation. Die leichte Abwärtsrevision um jeweils 0,2 Prozentpunkte sei technisch erfolgt, nicht weil die Konjunktur schwächer eingeschätzt werde, so Wifo-Experte Marcus Scheiblecker: "Wir haben eine sehr robuste Binnenkonjunktur."

Im Einzelnen rechnet das Wifo für heuer mit 3,0 Prozent Realwachstum - in der Sommerprognose wurden noch 3,2 Prozent erwartet. Auch für 2019 setzte das Wifo die Prognose von 2,2 auf 2,0 Prozent herab. Das IHS reduzierte die Vorhersage für heuer von 2,9 auf 2,7 Prozent, ließ den Ausblick für 2019 aber mit +1,7 Prozent gleich.

In die neuen Prognosen spielen die kürzlich erfolgten BIP-Revisionen der Statistik Austria für die Vorjahre hinein. Demnach hatte schon 2016 der Konjunkturaufschwung eingesetzt - mit damals 2,0 Prozent Wachstum statt 1,5 Prozent. Hingegen blieb das Wachstum 2017 mit 2,6 Prozent unter den bisherigen Wifo-Berechnungen von 3,0 Prozent zurück. Doch glauben beide Institute, dass die jüngsten BIP-Zahlen der Statistik nicht halten. Badelt: "Wir glauben, dass die Daten später nochmals nach oben revidiert werden." Scheiblecker: Man könne "davon ausgehen, dass man 2018/19 nachbessert und man vielleicht doch bei 3 Prozent landen wird" fürs BIP-Plus im Jahr 2017.

Ab Ende 2019 und dann voll 2020 werde der neue Familienbonus zugunsten der heimischen Konjunktur zusätzlich stabilisierend wirken - gerade recht in einer Phase, wo es über den Privatkonsum konjunkturpolitisch positiv wirken könnte, so Badelt, der das Steuerentlastungsvolumen aus dem Familienbonus mit 1,3 Mrd. Euro bezifferte.

Heuer wächst Österreich deutlich stärker als der Euroraum, 2019 wird sich das Tempo angleichen, erklärte das Institut für Höhere Studien (IHS). Die Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft seien heuer merklich gestiegen, Gefahr drohe von einer weiteren Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China sowie von zusätzlichen Zöllen im Handel der USA mit Europa. Zunehmend würden Währungskrisen in den Schwellenländern, die unklare handelspolitische Ausrichtung der USA und Unsicherheiten im Zuge des Austritts Großbritanniens aus der EU die Konjunktur in exportorientierten Ländern belasten. "Dies wird auch in Österreich das Wachstum dämpfen", so die Experten.

Bis Jahresende deuten die Vorlaufindikatoren noch auf eine gute Konjunktur in Österreich hin, betonte das Wifo. IHS-Chef Kocher glaubt, dass das BIP-Plus im Quartalsabstand im zweiten Halbjahr auf je 0,4 Prozent zurückgeht. Im ersten und zweiten Vierteljahr hatte es heuer noch 0,8 bzw. 0,6 Prozent Anstieg zum Vorquartal gegeben. Österreichs Konjunktur wird auch 2019 weiter vom Privatkonsum gestützt, der wiederum vom starken Beschäftigungsanstieg, steigenden Reallöhnen und hohem Konsumentenvertrauen profitiert. Den Nachfrageausfall im Außenhandel kann der private Konsum 2019 aber nicht voll ausgleichen, so das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).

Die Abschwächung des Exportwachstums Österreichs im nächsten Jahr wird die Investitionsbereitschaft der Firmen dämpfen, nimmt das Wifo an. Es erwartet für heuer und 2019 nur noch 4,9 bzw. 3,7 Prozent Wachstum der Gesamtexporte bzw. 5,6 und 4,5 Prozent Plus bei den Warenausfuhren. Die Ausrüstungsinvestitionen sieht man heuer um 4,7 Prozent wachsen, 2019 um 4,0 Prozent, die Bruttoanlageinvestitionen um 3,4 bzw. 2,7 Prozent.

Der Arbeitsmarkt profitiert von der guten Konjunktur, dennoch gibt es für Badelt "nach wie vor eine zu hohe Arbeitslosigkeit" verglichen mit dem, was "sozial- und gesellschaftspolitisch wünschenswert" sei. Insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit bezeichnete er vor Journalisten als ein "signifikantes Problem", auch wenn sie rückläufig sei.

2019 dürfte der Aufbau neuer Stellen an Dynamik verlieren; auch dann dürfte nur ein kleiner Teil der neuen Jobs aus dem Pool der Arbeitslosen besetzt werden, Fachkräftemangel und Mismatch würden zunehmen, so das IHS. Ein Fachkräftemangel in einer auslaufenden Hochkonjunktur sei aber normal. Österreich sollte seine Einwanderungspolitik stärker auf den Arbeitsmarkt ausrichten, verwies der IHS-Chef auf USA, Kanada oder Australien. Die Rot-Weiß-Rot-Card funktioniere nicht perfekt. "An einer Reform führt nichts vorbei", ergänzte IHS-Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer.

Zum Arbeitsmarkt wies das Wifo darauf hin, dass die günstige Konjunktur eine anhaltende Ausweitung der Beschäftigung ermögliche, die heuer mit +88.000 einen Höchstwert erreiche. 2017 sei die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten um knapp 71.000 gestiegen. Seit Einsetzen des Aufschwungs 2016 habe sich die Beschäftigung um 210.000 Personen erhöht, 2019 dürfte sich die Dynamik auf +55.000 abschwächen. Im Prognosezeitraum werde - wie in den Vorjahren - die Zahl der Arbeitskräfte aus dem Ausland stärker steigen als die inländischer Beschäftigter.

Die Eurozone und Deutschland sieht das Wifo 2019 nur noch um je 1,6 Prozent wachsen, nach 2,0 bzw. 1,9 Prozent heuer. "Seit dem Jahreswechsel hat die Konjunktur im Euroraum an Fahrt verloren", erklärte das IHS dazu. Auch das BIP-Plus in den USA und China wird sich 2019 abbremsen. Die Normalisierung der Fed-Geldpolitik belaste die Wirtschaftsentwicklung in einigen Schwellenländern, so das IHS: "Die Krisen in Argentinien und der Türkei könnten einen Vertrauensverlust gegenüber anderen Schwellenländern auslösen", wird gewarnt.

Die Lage der öffentlichen Haushalte stellt sich aus Sicht des IHS "gegenwärtig recht erfreulich dar". Für einen nachhaltigen Budgetkurs und eine Absenkung der Schuldenquote seien zusätzliche Anstrengungen nötig. Längerfristig müssten Potenziale zur Finanzierung der Kosten für Alterung sowie Bildung, Digitalisierung und Forschung geschaffen werden. "Die Umsetzung von Strukturreformen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pensionen und Föderalismus sollten umgehend angegangen werden", fordert das Institut für Höhere Studien.

Den Finanzierungssaldo des Staates laut Maastricht-Definition - also das gesamtstaatliche Defizit - erwarten Wifo und IHS für 2018 bei -0,1 bzw. -0,2 Prozent des BIP, 2019 rechnen sie mit 0,2 bzw. 0,1 Prozent Überschuss. Voriges Jahr hatte das Defizit 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen.

Für die Finanzierung der 2020 geplanten Steuerreform fehlt nach Meinung der Experten noch ein Großteil der Manövriermasse. Der öffentliche Haushaltsüberschuss 2019 mache aus jetziger Sicht nur 800 Mio. Euro aus, "relativ bald" müsse also Spielraum geschaffen werden, so Badelt. Kocher setzte die Reform-Untergrenze mit 3 bis 3,5 Mrd. an.

Die Inflation sehen die Institute bei 2,1 (Wifo) bzw. 2,0 (IHS) Prozent verharren - nur knapp über dem EZB-Zielwert von knapp unter zwei Prozent. Heuer wird die Teuerung von der Energie getrieben. Im August sei die Kerninflation bei 1 3/4 Prozent gelegen, so das IHS: "Das Inflationsdifferenzial zum Euroraum hat sich somit weiter verringert."

(Schluss) sp/itz

Weitere Links:


Bildquelle: Anton Watman / Shutterstock.com,donfiore / Shutterstock.com
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!