Firmenübernahmen |
12.03.2018 17:12:00
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Österreichischer M&A-Markt boomt - Analyse
"Gerade im Bereich Digitalisierung sehen wir eine massive Zunahme von Firmenübernahmen", sagte Tibor Merey, Principal bei The Boston Consulting Group (BCG) in Wien und vorwiegend tätig für Kunden im Technologie-, Medien- und Telekommunikationssektor, im APA-Gespräch. Übernahmen mit digitalem Bezug seien im Vorjahr um knapp 11 Prozent gestiegen. "Das ist schon ein interessanter Treiber dieser Entwicklung", so Merey.
Die meisten Firmenübernahmen fanden im Vorjahr allerdings erneut im Dienstleistungssektor statt. Hier stieg die Zahl der M&A-Transaktionen von 79 auf 92. Danach folgen die Sektoren Telekommunikation und Computerindustrie mit 38 Deals und die Elektrotechnik und Medizintechnik mit ebenfalls 38 abgeschlossenen Deals. "Alles Branchen mit einem sehr starken Technologie- und Digitalisierungsfokus, die hier vorantreiben", so Merey. Der in den vergangenen Jahren stark vertretene Finanzbereich liegt mit 34 innerösterreichischen und grenzüberschreitenden Transaktionen schon etwas dahinter.
Bei 31 Prozent der M&A-Deals handelte es sich um reinen Binnentransaktionen, 33 Prozent waren Zukäufe österreichischer Unternehmen im Ausland und bei 24 Prozent handelte es sich um Verkäufe österreichischer Unternehmen ins Ausland. Ausländische Unternehmen haben um 54 Prozent mehr österreichische Unternehmen gekauft.
Die österreichischen Unternehmen kaufen am liebsten in Österreich selbst ein. Ein Drittel bzw. 128 Deals wurden zwischen inländischen Unternehmen abgeschlossen. 37 Firmen wurden von österreichischen Unternehmen in Deutschland akquiriert, weitere in Italien, Russland und mit Abstand in der Türkei, Ungarn und Großbritannien. Die ausländischen Investoren kamen zum größten Teil aus Deutschland (41), den USA (13) und der Schweiz (10).
Während 2016 nur ein Deal über eine Milliarde Euro abgeschlossen wurde, waren es im Vorjahr sieben. Unter diesen Megadeals finden sich zwei Geschäfte der OMV - der Kauf eines russischen Gasfeldes um 1,75 Mrd. Euro und der Verkauf der Türkei-Tochter Petrol Ofisi an die Schweizer Vitol-Gruppe um 1,4 Mrd. Euro. Ein weiterer Milliarden-Deal war die Übernahme von Bernecker + Rainer Industrie-Elektronik durch den Schweizer Elektrotechnik-Konzern ABB für geschätzte 1,8 Mrd. Euro.
Noch nicht abgeschlossen ist die Übernahme von UPC Austria durch die Deutsche Telekom-Tochter T-Mobile Austria mit einem Wert von rund 1,9 Mrd. Euro oder die Übernahme der Buwog durch die deutsche Vonovia. Für das angepeilte Mindestziel von 50 Prozent plus einer Aktie müsste Vonovia rund 2,6 Mrd. Euro locker machen. Noch nicht komplett umgesetzt ist auch die Mehrheitsübernahme von Fosun bei Wolford.
Weitgehend an Bedeutung verloren hat der ehemalige Treiber für M&As, Osteuropa. Nach der EU-Osterweiterung waren vor allem Finanzindustrie, Versicherungen und Telekom-Unternehmen sehr aktiv. "Diese Welle ist zu Ende gegangen", so Merey.
"Jetzt sehen wir eher den Trend: Wenn ein österreichisches Unternehmen zukauft und Weltmarktführer in einer Nische ist, dann schaut es sich weltweit um", sagt Merey. So etwa der Glücksspielkonzern Novomatic in Australien oder Großbritannien oder der steirische Sensor- und Chiphersteller ams AG, der den US-amerikanischen Laserspezialisten Princeton Optronics gekauft hat. Solche Unternehmen würden sich in einem weltweiten Markt bewegen und sich nicht mehr nur rein regional orientiert.
Sehr spannend sei es zu beobachten, was M&A-Deals für die österreichische Start-up-Szene bedeuten. In den letzten Jahren durch die Presse gegangen seien der Verkauf von runtastic an Adidas, von Shpock an den norwegischen Medienkonzern Schibsted oder im Vorjahr von mySugar an den Schweizer Pharmariesen Roche. "Sehr oft beobachten wir hier einen Multiplikatoreffekt: Wenn ein österreichischer Gründer verkauft, fließt das Geld sehr oft wieder in die Szene zurück", so Merey. Und es würden schon wieder "erste zarte Pflänzchen" heranwachsen, die alle im digitalen Bereich aktiv seien, "wo sich anscheinend doch eine erste Szene anfängt zu etablieren". Merey erwartet sich in diesem Bereich ein weiteres dynamisches Wachstum.
Das laufende Jahr zeige nach wie vor hohe Aktivitäten mit einigen großen angekündigten Deals, wie UPC mit Telekom oder Buwog mit Vonovia. Nach wie vor gebe es auch Aktivitäten in vielen anderen Sektoren.
Auch Klaus Vukovich vom M&A-Berater Alantra sieht derzeit einen sehr aktiven österreichischen Markt. Grund dafür seien einerseits die hohen Unternehmensbewertungen und anstehende Umstrukturierungen, sagte Vukovich bei einem Hintergrundgespräch in Wien. Alantra ist seit dem Vorjahr in Österreich aktiv und auf mittelgroße M&A-Mandate spezialisiert.
(Schluss) ggr/cri

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