07.06.2017 15:43:00

Ökonom Sinn: EZB-Niedrigzinspolitik geht zu Lasten der Sparer

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) geht laut dem Ökonomen Hans-Werner Sinn zu Lasten der Sparer. Gewinner seien die Schuldner, Verlierer die Sparer und Investoren, sagte der ehemalige Präsident des Münchener Ifo-Instituts am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien.

Die Null- und Negativzinswelt seien das Resultat der EZB-Politik - aber nicht nur ihrer, die Notenbanken der USA und Japans hätten das vorher auch schon gemacht, die "Europäische Zentralbank geht jetzt in die Vollen". Sie mache dies durch die Zinspolitik, weiters, indem sie Kredite aus der Druckerpresse zur Verfügung stelle als Alternative zu Krediten aus Spargeld und auch Sicherungsversprechen an Anleger für Staatspapiere gebe. Das beruhige die Anleger und veranlasse sie, sich mit niedrigen Zinsen zufriedenzugeben. In ihrer Funktion als Steuerzahler müssten die Anleger aber das Risiko noch immer tragen.

Global gesehen Nettogläubiger seien unter anderem Japan, Deutschland und auch Österreich - die USA beispielsweise und südeuropäische Länder lebten dagegen über ihre Verhältnisse. Er sehe die EZB-Politik nicht nur als Geldpolitik, sondern auch als Umverteilungspolitik, um die verschuldeten Länder Südeuropas zu entlasten.

Wenn man überlege, welche Zinsen im weiteren Sinn die sechs Krisenländer der Eurozone - Griechenland, Spanien, Italien, Portugal, Zypern und Irland - zahlen hätten müssen, wenn sie seit 2007 unverändert geblieben wären - hätten sie bis Ende des Vorjahr 446 Mrd. Euro mehr zahlen müssen. Allein 2016 hätten die Umverteilungseffekte einer Niedrigzinswelt 74 Mrd. Euro betragen.

Heribert Kraich, CEO der Berliner aba-Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge Berlin, wies bei der Pressekonferenz anlässlich des heute und morgen stattfindenden "2. Institutionellen Altersvorsorge- und Investorengipfels" darauf hin, dass man sich zwar in einem Niedrigzinsumfeld, nicht aber in einem Niedrig-Renditen-Szenario befinde. Eine Aktie oder eine vergleichbare Asset-Klasse sei zwar sehr volatil, bringe aber Renditen. Er verwies auf sein eigenes Haus, das seit Jahren Renditen von 5,9 Prozent jährlich erwirtschafte und dabei habe man die schwerste Finanzkrise seit 80 Jahren dabeigehabt. Für Sinn ist ein Teil dieser Gewinne eine "Nullnummer", weil die Nullzinsen die Aktien gestärkt hätten.

(Schluss) itz/ggr

APA
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