10.04.2020 06:00:00
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Ökonom: Politik darf in Corona-Krise nicht zu kurzfristig denken
Umso wichtiger seien daher nun solche Maßnahmen aus der Politik, die dazu dienen, diese Faktoren nicht verloren gehen zu lassen, so der Fachmann. "Die Produktionsmittel, die uns 2018 und 2019 so viel Wohlstand geschaffen haben, haben wir immer noch," so Legge, der auf der Universität in St. Gallen Projektleiter und Dozent des Schweizerischen Instituts für Außenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung ist.
Dagegen sei der sehr kurzfristige Blick auf das Wirtschaftswachstum, auf den derzeit verstärkt der Fokus gelegt werde, sehr mit Vorsicht zu genießen. "Dieses Quartalsdenken überträgt sich sehr gut auf die Politik." Diese laufe dann Gefahr, aufgrund der kurzfristigen Prognosen überschießende Maßnahmen zu ergreifen.
Viel wichtiger wäre es jedoch, dass die Politik auf die langfristigen Trends beim Wirtschaftswachstum schaut und ihre Maßnahmen dementsprechend setzt. Die Krise verschärfe derzeit nämlich nur jene Probleme, die ohnehin bereits seit Längerem in einem Land bestanden haben, so der Ökonom mit Blick auf Italien und die dort aufgrund der Corona-Krise voraussichtlich stark weiter wachsende Schuldenlast.
Die bisher gesetzten Maßnahmen der österreichischen Regierung zur Bewältigung der Krise bewertet Legge positiv, auch wenn sich erst in ein bis zwei Jahren wirklich sagen lassen werde, welche davon wie gewirkt waren. "Maßnahmen, die darauf abzielen die Krise zu überrücken, sind sinnvoll", so der Volkswirt.
Überbrückungskredite und die neuen Kurzarbeits-Regelungen würden beispielsweise gut dazu beitragen, die bereits in den Unternehmen vorhandenen Produktionsfaktoren zu erhalten. Es werde aber zunehmend schwieriger, das Potenzial zu erhalten, je länger die Krise dauere. Das in Österreich bereits wieder gegebene Signal zum Wiederhochfahren der Wirtschaft leiste stimme hier jedoch optimistisch.
Kurzfristig rechnet der Volkswirt dennoch mit einem substanziellen Einbruch des Wirtschaftswachstums in Europa. Seine Erwartung decke sich mit denen der großen Wirtschaftsforschungsinstitute, die ein Minus von vier bis fünf Prozent prognostizieren. Im kommenden Jahr - eventuell sogar schon im zweiten Halbjahr 2020 - sollte es dann aber bereits wieder merklich bergauf gehen. Allerdings sei das dann "kein großer Grund zu Freude", sondern lediglich ein Zeichen, das man die vorhandenen Produktionspotenziale erhalten konnte, so Legge. Er rechnet zudem damit, dass die Wirtschaft in rund zwei Jahren wieder auf Vor-Krisen-Niveau zurückkommen könnte.
(Schluss) bel/phs
APA
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