07.01.2016 12:14:50
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Nutzfahrzeuge entwickeln sich in den USA zum Ladenhüter
Von Brian Baskin
NEW YORK (Dow Jones)--Großkunden bleiben derzeit den Verkaufshallen der Truck- und Nutzfahrzeugherstellern in den USA fern. Eine schleppende Nachfrage nach Frachttransport und der beginnende Stellenabbau bei den Großanlagenbauern lässt die Großkunden von neuen Trucks Abstand nehmen.
Viele unverkaufte Lkw in den Showrooms wurden schon vor Monaten bestellt, als es noch so aussah, dass die Wirtschaft anzieht, und als die Transportunternehmen auf mehr Aufträge von Einzelhändlern und Herstellern hofften. Stattdessen wuchs die Wirtschaft im Herbst nur schwach und erschreckte die Fuhrparkbetreiber in ihren Expansionsplänen. Nach Angaben der Industriemarktforscher von FTR rutschten die Bestellungen für Schwerlast-Lkw im Dezember um 37 Prozent zum Vorjahresmonat ab. Einige Kunden wollen nun erstmal abwarten, wieviel die Konsumenten zu Weihnachten ausgegeben haben. Erst dann soll eine Entscheidung über neue Nutzfahrzeuge getroffen werden, denn immerhin könnte ein Fahrzeug mehr als 150.000 US-Dollar kosten.
Der scharfe Einbruch bei den Lkw-Bestellungen ist eine der dunklen Wolken, die über dem US-Konjunkturhimmel 2016 aufgezogen sind. Als Reaktion auf die Kaufzurückhaltung der Flottenbetreiber haben die Lkw-Bauer und Zulieferer ihre Kapazitäten bei Personal und Produktion angepasst. Und das ungeachtet dessen, dass der Verkauf von Pkw boomt und die restlichen Wirtschaftszweige beim Personal aufstocken.
Der deutsche Autokonzern Daimler kündigte erst in dieser Woche an, in dem Lkw-Werk im US-Bundesstaat Cleveland die derzeitige Belegschaft von 3.100 Mitarbeitern um ein Drittel zusammenzustreichen. Auch schon die Wettbewerber wie etwa Volvo AB und Paccar hatten kürzlich einen Stellenabbau in ihren US-Produktionsstätten angekündigt. Der US-Nutzfahrzeugbauer Navistar International aus dem Bundesstaat Illinois hatte schon in seinem letzten Fiskaljahr - das im Oktober 2015 endete - 1.400 Arbeitsplätze gestrichen. Der Diesel- und Gasmotorenhersteller Cummins kündigte im Oktober einen Stellenabbau von weltweit 2.000 an.
Unterdessen bleiben die Lkw-Verkäufer nach Daten der WardsAuto Group im Moment auf über 57.000 Fahrzeuge sitzen. Ein solcher Wert wurde das letzte Mal im Jahr 2006 registriert. Um die zögerlichen Kunden doch noch anzulocken, versprechen die Händler Rabatte und "No-Money-Down-Darlehen". Letztere sind Kredite mit einer möglichst geringen Anzahlung. Solche Kaufanreize gibt es normalerweise nur während einer Wirtschaftsrezession. "Es ist ein Käufermarkt", sagt Eric Jorgensen, CEO von JX Enterprises Inc, die an 19 Standorten im Mittleren Westen Nutzfahrzeuge verkauft. Eric Jorgensen, der auch die Handelsvereinigung American Truck Dealers führt, erklärte weiter, seine Verkaufsstätten hätten derzeit 150 unverkaufte Nutzfahrzeuge auf Lager. Vor einem Jahr waren es nur unter 40 Lkw gewesen.
Er bietet jetzt den Neukunden an, die erste Zahlung beim Kauf bis März aufzuschieben. Zudem gibt es einen Rabatt von 2.500 Dollar auf Teile und Service. Zuletzt gab es dieses Angebot in seinen Läden in den Jahren 2001 und 2009 und für einen kurzen Zeitraum auch im Jahr 2013.
Sein Kollege John Hopkins, Chef bei Truck Center Inc, sieht insbesondere mehr Zurückhaltung bei den kleineren Fuhrparkbetreibern. Aber auch die Großkunden hätten den Fuß auf der Bremse. So teilte im Oktober Swift Transportation, größter US-Spediteur aus Phoenix im Staat Arizona, mit, MAN werde die Flottenexpansion nach einem Wachstum von 5 Prozent im letzten Jahr auf Eis legen. Der Wettbewerber Odyssey Logistics & Technology Corp, der eine Fahrzeugflotte von mehr als 300 Trucks sein eigen nennt, hat zwar bestellt, will sich aber künftig zurückhalten. "In diesem Jahr haben wir zwischen 70 und 80 Trucks geordert, doch im nächsten Jahr dürfte es nur die Hälfte davon werden", sagte Glenn Riggs, Senior Vice President für den Bereich Corporate Logistics Operations and Strategy bei Odyssey.
Odyssey Logistics hatte die starke Kundennachfrage vor einigen Monaten zum Anlass genommen, seine veraltete Flotte auf neue, dieselsparende Modelle umzurüsten. Aber nun, da das Frachtaufkommen sinkt, gibt es für Glenn Riggs keinen überzeugenden Grund mehr, in die Flottenerneuerung zu investieren. "Wir haben aufgerüstet, und nun kommen wir wieder auf das Normalmaß zurück", fügte Riggs hinzu. Die Industriemarktforscher von FTR rechnen in diesem Jahr mit einem Nutzfahrzeugverkauf von 260.000 bei den Neufahrzeugen. Noch vor drei Monaten lag die Schätzung höher bei 290.000 Trucks. Was das Bestreben zur Flottenerneuerung bei den Speditionen ebenfalls bremst, ist der niedrige Dieselpreis. Somit fällt die Notwendigkeit, auf kraftstoffsparende Modelle umzurüsten, erstmal weg.
Die Großkunden, die ihre Flotte umgerüstet haben, haben ihre älteren Modelle auf dem Gebrauchtmarkt verkauft. Das drückt den Wiederverkaufspreis, auch dies ist eine wichtige Entscheidungsgrundlage bei Neubestellungen. Die Einzelhandelsumsätze in den USA während der Feiertagssaison werden für den Trend bei den Nutzfahrzeugen von Bedeutung sein. Bei den Einzelhandelsumsätzen geht es um sämtliche Waren, die in Geschäften verkauft werden, sowie die zum Einkauf dazugehörenden Dienstleistungen. Der Privatkonsum ist aus diesen Umsätzen inklusive seiner Trends sehr gut abzulesen, weshalb dieser Indikator gewöhnlich Rückschlüsse auf die Konjunkturentwicklung zulässt.
"Unser Sicherheitsnetz ist die Makroökonomie", sagte Dennis Slagle, President bei der Volvo Group Trucks North America. "Wenn du an ein Wachstum von 2 Prozent oder 2,5 Prozent glaubst, dann bedeutet das eine Menge Trucks, die durch die Gegend fahren." Im Dezember berichtete Volvo für Nordamerika für den Monat November einen Absatz bei den Heavy-Duty-Trucks von insgesamt 4.970. Das waren 2 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Navistar wies für das letzte Fiskaljahr per Ende Oktober ein Absatzschrumpfen von 20 Prozent aus.
Dennis Slagle geht davon aus, dass die Nutzfahrzeugindustrie zwischen drei und sechs Monate brauchen wird, um die unverkauften Lagerbestände abzubauen, bevor es zu einer Erholung kommt. Bei einer Erholung werde es dann aber wahrscheinlich schnell gehen, sagen Analysten. Die Truckbauer brauchen einige Wochen um neue Arbeiter einzuweisen, bevor die Produktion hochgeschraubt werden kann. Bei einem Anziehen der Frachtnachfrage könnten der Auftragsbestand schnell anschwellen und die Distributionskanäle verstopfen. Jeff Sass, Senior Vice President für den Bereich North America Truck Sales and Marketing bei Navistar, ist sich des Problemens bewusst. "Wir können nicht von heute auf morgen die Produktion einfach verdoppeln".
(Bob Tita hat zu dem Artikel beigetragen).
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
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January 07, 2016 05:44 ET (10:44 GMT)
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