12.03.2022 09:39:45

Niedrigere Spritpreise in Polen - Tankstellen fürchten um Existenz

BANSIN/BERLIN (dpa-AFX) - Wegen der erheblich steigenden Spritpreise sind zahlreiche Tankstellenbetreiber auf der deutschen Seite der Grenze zu Polen um ihre Existenz besorgt. "Nicht einmal mehr die Handwerker, die sich ja die Mehrwertsteuer erstatten lassen können, kommen noch. Fast alle fahren rüber", sagte Steven Wollenberg der Deutschen Presse-Agentur. Er hat seit Januar eine Tankstelle im Kaiserbad Bansin auf der Insel Usedom gepachtet. "Derzeit können wir die Menschen, die bei uns am Tag tanken, an einer Hand abzählen."

Der Grund: Der Sprit auf der anderen Seite der Grenze ist auch trotz Kriegs in der Ukraine noch deutlich günstiger. "Auch in Polen hat es zwar Preiserhöhungen gegeben, aber der Preisunterschied von bis zu 65 Cent pro Liter ist ja nach wie vor da", sagte Hans-Joachim Rühlemann, Vorsitzender des Verbands des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost. Der Hauptgrund seien die niedrigeren Steuern in Polen.

Das Nachbarland hatte noch vor dem russischen Angriff auf die Ukraine zum 1. Februar unter anderem den Steuersatz auf Treibstoff von 23 auf 8 Prozent gesenkt. Mit der Maßnahme sollten die Menschen in Polen von den Folgen der Inflation entlastet werden. Die Regelung gilt für einen Zeitraum von sechs Monaten.

Durch den Preisunterschied befürchtet Rühlemann eine Pleitewelle auf deutscher Seite. "Ich habe von einigen Kollegen schon gehört, dass sie nicht nur daran denken aufzuhören, sondern tatsächlich aufhören wollen", sagte er. Von der Situation seien etwa 900 Tankstellen auf der deutschen Seite der gemeinsamen Grenze betroffen. "Wir gehen davon aus, dass innerhalb des nächsten halben Jahres 300 bis 400 davon pleitegehen", sagte Rühlemann. Das seien gut 1000 Arbeitsplätze.

"Die Politik muss sich hier etwas einfallen lassen, um die Betriebe zu unterstützen", sagte Rühlemann. Tankstellen gehören demnach zur kritischen Infrastruktur, weil sie unter anderem auch Polizei und Feuerwehr mit Treibstoff versorgten. Der Verband betreut in Berlin und in den ostdeutschen Bundesländern etwa 300 Tankstellen.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar haben die Spritpreise in Deutschland extrem zugelegt. Diesel hat sich dem ADAC zufolge um fast 66 Cent pro Liter verteuert, Superbenzin der Sorte E10 um gut 45 Cent. Zuletzt hatte sich die Entwicklung aber etwas verlangsamt. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt mussten die Menschen am Donnerstag für einen Liter E10 2,202 Euro bezahlen. Für Diesel waren 2,321 Euro pro Liter fällig./jwe/DP/zb

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