04.11.2018 14:10:40

NGG kritisiert Tarifflucht im ostdeutschen Gastgewerbe

LEIPZIG (dpa-AFX) - Die Gewerkschaft NGG kritisiert eine Tarifflucht in der ostdeutschen Hotel- und Gaststätten-Branche. "Die Situation im ostdeutschen Gastgewerbe muss man bei der Tarifbindung dramatisch nennen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Guido Zeitler, vor dem Beginn des NGG-Gewerkschaftstages (5. bis 9. November) in Leipzig. "Wir haben gerade einmal zehn Prozent der Betriebe, die an die geltenden Tarifverträge gebunden sind." In Westdeutschland seien 27 Prozent der Betriebe tarifgebunden.

Die Tarifflucht führe zu Niedriglöhnen. Zwar könne es im Einzelfall sein, dass ein Betrieb freiwillig mehr zahle als den Tariflohn. "Aber alle Statistiken zeigen, dass Tarifverträge deutlich bessere Entlohnung und weitere Sonderleistungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubszeit und günstiger geregelte Arbeitszeiten bieten", sagte Zeitler. Ein Geschäftsmodell, das auf schlechter Bezahlung der Mitarbeiter basiere, sei schlicht ein falsches Geschäftsmodell.

Der NGG-Vize kritisierte zudem den Arbeitgeberverband Dehoga, der in allen ostdeutschen Landesverbänden sogenannte OT-Mitgliedschaften - ohne Tarifbindung - anbiete. "Das heißt, man nimmt die Angebote als Wirtschaftsverband gerne wahr. Die sozialpolitische Verantwortung wollen diese Arbeitgeber aber nicht mehr wahrnehmen."

Der Dehoga-Bundesverband wies diese Kritik zurück. Die Mehrzahl der Beschäftigten arbeite in Betrieben, die unmittelbar an Tarifverträge gebunden seien oder sich daran orientierten. "Wenn ein Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, bedeutet das nicht automatisch, dass er seine Mitarbeiter schlechter bezahlt", betonte der Verband.

OT-Mitgliedschaften gebe es zudem auch in Bayern, Hamburg und Hessen. Sie seien nicht spezifisch für das Gastgewerbe, sondern es gebe sie in Branchen wie der Metall- und Elektroindustrie oder im Handel.

Für die NGG sei das Gastgewerbe auch über den Osten hinaus ein schwieriges Feld, sagte Zeitler. Von den bundesweit zwei Millionen Beschäftigten seien eine Million Mini-Jobber. Da werde viel getrickst und schwarz entlohnt. "In dieser Branche will man sich nicht gerne an Regeln halten", sagte Zeitler. Dass die Arbeitgeber das Arbeitszeitgesetz immer wieder als zu unflexibel kritisierten, wies der Gewerkschafter als unberechtigt zurück. Vielerorts sei schlechte Planung des Personaleinsatzes das Problem.

Die NGG hat nach eigenen Angaben bundesweit 200 000 Mitglieder. Sie betreut die Ernährungsindustrie mit rund 700 000 Beschäftigten, das Gastgewerbe mit gut 2 Millionen Mitarbeitern, das Bäckerei- und Fleischereihandwerk sowie Brauereien./bz/DP/edh

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