03.07.2013 13:08:00

Mehr ältere sollen arbeiten - Für Sozialstaatsleistungen wichtig

Die Sozialsysteme in Europa bieten laut Aart de Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung sowie unter anderem von 2002 bis 2007 niederländischer Arbeits- und Sozialminister, in erster Linie noch Antworten auf die Herausforderungen des vergangenen Jahrhunderts und seien laufend weiterzuentwickeln. Großes Problem sei, dass es in vielen Ländern der EU zu wenig Jugend gebe: "Die Staatsverschuldung ist pro Kind in Deutschland gleich hoch wie in Griechenland", ließ er bei den Wirtschaftspolitischen Gesprächen der Wirtschaftskammer und des Instituts für Höhere Studien (IHS) am Mittwoch in Wien aufhorchen.

Auch die weitgehend schwache - und in Österreich besonders niedrige - Beschäftigungsquote der 60- bis 64-Jährigen gefährde die Finanzierungsmöglichkeiten der Sozialstaaten. In den Niederlanden sei die Quote 1995 bei lediglich zehn Prozent gelegen. Durch verschiedene Reformen kletterte diese bis 2001 auf immerhin 50 Prozent. In Österreich hingegen dümpelt die Beschäftigungsquote dieser Altersgruppe bei alarmierenden lediglich rund 20 Prozent dahin.

"Ist es leistbar, dass nur 20 Prozent zwischen 60 und 64 arbeiten? Nein! Ist es sozial? Das will ich nicht beantworten", sagte de Geus.

In den Niederlanden sei die Arbeitsvermittlung - im Gegensatz zum deutschen Hartz-IV-Ansatz - laut de Geus auf "Förderung und Fordern" ausgelegt und vor allem vor Jahren auf die regionale Ebene gebracht worden. Die Vermittlung der Arbeitslosen wird von den Kommunen übernommen, die Gelder verwalten sie selbst. So sei der Anreiz zu einer besonders schnellen Vermittlung geschaffen worden und die Gemeinden können Einsparungen für andere kommunale Aufgaben verwenden.

Wichtig sei neben laufenden Reformen auch, dass Regelungen trotz wechselnder Regierungen nachhaltig blieben, so de Geus.

IHS-Chef Christian Keuschnigg sagte, der Sozialstaat stehe außer Frage. Die Frage sei zum Umfang des Sozialstaats zu stellen. Es gehe ums "Vorbeugen statt Heilen" - durch Bildung könne sich der Staat vor Risiken schützen. Natürlich sei die "Krisenrobustheit" der Unternehmen wichtig.

Für Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) hat sich "gerade in der Krise die wichtige Rolle des Sozialstaats bewährt". Der Sozialstaat sei "mittel- und langfristig ein Standortvorteil", dankte er allen Sozialpartnern. Denn diese Staatsform habe in der Krise "automatische Stabilisierungsfaktoren" gesichert - etwa Nachfrage und Einkommen sowie das Verhindern von Armut und sozialer Ausgrenzung, so Schieder.

Business-Europe-General, Ex-ÖIAG-Chef Markus Beyrer meinte, "im Sozialsystem ist mehr Leistung mit weniger Mitteln nötig". Ein "one size fits all" gebe es für Europa aber nicht.

Wirtschaftskammer Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser sagte, der Sozialstaat müsse Anreize zum längeren Arbeiten bringen. Der soziale Friede durch den Sozialstaat sei ein besonderer Standortfaktor, gewissen Ineffektivitäten bedeuteten aber auch eine Standortbelastung, betonte sie.

(Schluss) phs/itz

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